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1135_Holzer Kobler Architekturen Berlin GmbH mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten Berlin GmbH

In der ersten Phase des Wettbewerbs zum Alten Leipziger Bahnhof konnten sich alle Büros mit entsprechender beruflicher Qualifikation bewerben und einen ersten Entwurfsansatz zur konkreten Aufgabenstellung entwickeln. Insgesamt gingen 39 Entwürfe in die weitere Wertung ein – einen davon sehen Sie hier.

Zu sehen ist die Visualisierung eines möglichen Entwurfs des neuen Quartiers Alter Leipziger Bahnhof der Büros Holzer Kobler Architekturen Berlin GmbH mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten Berlin GmbH.
Visualisierung eines möglichen Entwurfs des neuen Quartiers Alter Leipziger Bahnhof

Beschreibung des Entwurfs

GRÜNE SCHIENE – GRÜNER MIKROKOSMOS ZWISCHEN ELBE UND TRASSE

STÄDTEBAULICHE LEITIDEEN

Ausgehend von der vorgefundenen baulichen Körnung entwickelt der vorliegende Entwurf Szenarien, die sowohl der Historie des Ortes als auch den gegenwärtigen Anforderungen an einen klima- und sozialverträglichen Städtebau zu begegnen vermögen.
Entsprechend der historischen Prägung wird das Wettbewerbsgebiet in drei verschiedene Quartiere gegliedert – das gemischt genutzte Gebiet Alter Schlachthof, das Wohnquartier Orangeriegarten und den Gedenkort Leipziger Bahnhof. Diese umfassen jeweils mehrere städtebauliche Blöcke samt zahlreicher architektonischer Einzelbausteine, die sowohl rendite- als auch gemeinwohlorientiert sukzessive individuell entwickelt werden können.
Sensibel reagiert der Planungsvorschlag dabei auf den baulichen sowie naturräumlichen Bestand. Sämtliche Entscheidungen städtebaulicher Setzung fügen sich der Prämisse des konsequenten Erhalts.

Im Norden des Projektperimeters entsteht so das neue Quartier Alter Schlachthof. Gemäß des städtebaulichen Masterplans sind entlang der Bahngleise einzig gewerbliche Nutzungen angesiedelt, die in Richtung der Leipziger Straße zunehmend durch Kultur- und Wohnangebote erweitert werden. Ergebnis dieser Zonierung ist eine offene Blockrandstruktur, die sich gen Osten sukzessive in ein lockeres Gefüge autonomer Hallenbauten auflöst. Indem der Lieferverkehr konsequent im Blockinnern abgewickelt und schließlich in den bestehenden Erschließungsring der Metzgerei eingeleitet wird, bleiben die adressbildenden Wohngassen frei von schwerem Verkehr.

Im dicht begrünten Zentrum des Projektgrundstücks entsteht ein durchlässiges Wohnquartier. Die Parkanlage des pittoresken historischen Orangeriebaus wird von einer offenen Blockrandstruktur gesäumt, die den Wohnobergeschossen des angrenzenden Quartiers Alter Schlachthof ähnelt. Im Unterschied zu Letzterem wird rund um die Orangerie im Erdgeschoss gewohnt; das Gebiet bleibt frei von jedweder Gewerbenutzung in den Sockelzonen und sämtliche Außenräume auf diese Weise den Fußgängerinnen und Fußgänger vorbehalten. In Form länglicher Riegelbauten in Ost/West Ausrichtung vermittelt die Architektur des neuen Wohnquartiers zwischen der Formsprache der Bestandswohnbebauung südlich der Orangerie und jener des gemischt genutzten Quartiers im Norden.

Das Areal des Leipziger Bahnhofs im Süden des Planungsperimeters erfährt die geringste Modifikation. In besonderem Maße wird an dieser Stelle dem Erhalt des städtebaulichen Gesamtgefüges Sorge getragen und dem Ort des Gedenkens der Deportationsopfer auf diese Weise nachdrückliche Wertschätzung zuteil. Die bestehende Bebauung wird lediglich durch einen Anbau an den östlichen Güterschuppen sowie zwei Solitärbauten an der Leipziger Straße respektive am nördlichen Rand des Gedenkortes ergänzt. Insbesondere die beiden Solitärbauten unterscheiden sich dabei in Dimension, Ausrichtung und Form so eklatant von der Bestandsbebauung, dass sie keinesfalls mit der Logik der ursprünglichen städtebaulichen Form in Konflikt geraten. Mittels ihrer markanten Kubatur definieren sie die Kanten des Mobility Hubs an der Leipziger Straße und des Forums als Erweiterung des Gedenkortes entlang der Bahnbögen. Indem sich der Anbau an den ehemaligen Güterschuppen in dessen Verlängerung stellt, behält auch er die vorgefundenen außenräumlichen Hierarchien bei.

UMGANG MIT DEM BESTAND

Der vorliegende Entwurf beabsichtig den Erhalt sämtlicher befestigter Strukturen, weit über den denkmalgeschützten Gebäudebestand hinaus.
Auf diese Weise wird den bereits verbauten Materialressourcen eine besondere Wertschätzung zuteil. Bewusst fällt die Entscheidung dabei auf eine unmittelbare Um- respektive Weiternutzung der Baumasse anstatt auf deren Rück- und Wiederaufbau; montage-, transport- und lagerbedingte Qualitätseinbußen einzelner Bauteile können so systematisch vermieden werden. Infolgedessen bildet der bauliche Bestand die sichere Prämisse jedweder Nachverdichtung. Sämtliche An- und Neubauten fügen sich behutsam dem vorgefundenen Schema. Nicht zuletzt die historischen Kleinbauten im Orangeriepark sowie entlang der Kulturschneise dienen den neuen Quartieren als prägende Zeugnisse der hiesigen Geschichte mit hohem Identifikationspotential für Bewohnende und Besuchende. Gewissermaßen städtebaulich freigestellt werden sie neuen, primär sozialen Nutzungen zugeführt und komplettieren auf diese Weise die Gewerbenutzungen in den Sockelzonen der Neubauten.

FREIRAUM UND LANDSCHAFT

Inspiriert vom ruderalen Charakter der ehemaligen Bahnbrache, entwickeln sich die Freiräume aus dem aufkommenden Baumbestand und den artenreichen Wiesen mit urbanisierten Pfaden. Die Breite der Pfade lässt ein intuitives Navigieren und Entdecken dieses speziellen Stadtraums zu. Zentrale Absicht ist es, die heutigen naturräumlichen Qualitäten mit neuen städtischen Akteuren in unmittelbaren Kontakt zu bringen. Innerhalb dieser postindustriellen Natur liegen inselhaft besondere Orte mit individuellem Charakter: Die Orangerie mit einer angereicherten Vegetation exotisch anmutender Pflanzen, der Kreativhof als lang gestrecktes, offenes Freiraumlaboratorium und die von Nischen gesäumte Kulturpromenade, die von den Sockelzonen der Kulturnutzungen aus bespielt werden kann. Eine Multicodierung der Freiräume, insbesondere entlang der Kulturpromenade, erlaubt derweil die sukzessive Aneignung durch die Bewohnenden. Das Steingut Wäldchen als zentraler Grünraum wird in sämtlichen Himmelsrichtungen durch Parkflächen ergänzt. Sowohl der Puschkinpark im Norden als auch der Orangeriepark im Westen und das Gleisbiotop im Süden des Areals gliedern sich dabei unmittelbar an den umlaufenden Straßenraum an. Inmitten der historischen Mauerfragmente der ehemaligen Gleisanlage findet sich eine gewachsene Ackerlandschaft, die durch die Bewohnenden bewirtschaftet und gestaltet werden kann.

NUTZUNGEN

Die neuen Quartiere zeichnen sich durch verschiedene Dichten und entsprechend unterschiedliche Nutzungen aus.
Das Gewerbegebiet entlang der Bahngleise im Norden des Areals ist primär flach bebaut; die im Bestand vorherrschende Hallentypologie wird beibehalten und partiell ergänzt. Lediglich entlang der Erfurter Straße sind mehrgeschossige Bauten gesetzt. An dieser Stelle kommen, dem Masterplan entsprechend, ausschließlich gewerbliche Nutzungen unter.
Der westliche Teil des Gebietes Alter Schlachthof hingegen wird gemischt genutzt. Während in den Sockelzonen entlang der Kulturpromenade primär Kultur- und Infrastruktur sowie soziale Nutzungen positioniert sind, wird im Erdgeschoss des Blockrandes am Puschkinpark gewohnt.
Ihre Fortsetzung findet die Wohnbebauung schließlich in den Obergeschossen der Gewerbeblöcke. Ein schlanker Steg verbindet die begrünten Dächer der Sockelzonen zu einer zusammenhängenden Gartenlandschaft. Äquivalent zu der Wohnbebauung am Puschkinpark wiederholt sich die Typologie des offenen Blockrandes mit identischer Nutzung am Saum des Orangerieparks. Das Gebiet des Alten Bahnhofs gliedert sich dem Stadtraum mittels eines gemischt genutzten Wohn- und Gewerbebaus an der Leipziger Straße an. Der Gedenkort findet in Form eines Schulneubaus einen ortsverträglichen nördlichen Abschluss, welcher sich über den Gleispark hinweg schließlich mit der Skaterampe in Verlängerung des Kreativgewerbehofs verbindet.

MOBILITÄT UND ERSCHLIESSUNG

Die Tankstelle an der Leipziger Straße wird vertikal um eine viergeschossige Quartiersgarage erweitert. Ergänzt durch zahlreiche Fahrradstellplätze und Carsharing Angebote entsteht so ein vielseitiger Mobility-Hub im Südwesten des Areals. Pendler:innen können hier das Fahrrad oder den PKW parken und durch die geöffneten Bahnbögen entlang des Gedenkortes in kurzer Gehdistanz den Neustädter Bahnhof erschließen. Eine zweite Quartiersgarage schließt im nördlichen Teil des Areals unmittelbar an die Erfurter Straße an; zwei Tiefgaragen im Zentrum des Projektperimeters komplettieren das Stellplatzangebot. Perspektivisch können die oberirdischen Garagen, äquivalent zum Rückgang der Parkflächenbedarfs, anderweitigen Nutzungen zugeführt werden. Die ausladenden Waldpromenaden sind explizit verkehrsberuhigt; die Durchwegung mittels motorisiertem Individualverkehr ist an dieser Stelle mobilitätseingeschränkten Personen und der Feuerwehr vorbehalten. Ein Radschnellweg in Verlängerung der Gehestraße durchzieht in Nord/Süd Richtung das gesamte Areal und bindet schließlich an den Elberadweg an. Abzweigungen gen Osten erlauben Radfahrer:innen darüber hinaus die Erschließung der Dresdner Neustadt und des Neustädter Bahnhofs. Fußgänger:innen gelangen über Zebrastreifen in Verlängerung der Quartierswegeachsen auf sicherem Wege an das Elbufer.

KLIMA UND UMWELT

Der Planungsvorschlag verschreibt sich der Prämisse ganzheitlich nachhaltiger Stadtentwicklung. So wird etwa der konsequente Bestandserhalt als sowohl wirtschaftliches als auch ökologisches Potential erkannt und entsprechend zum sicheren Parameter erklärt. Systematisch formiert sich der ergänzende Neubau daher mit Rücksicht auf bestehende städtebauliche sowie naturräumliche Ensembles. Der dichte Baumbestand entlang der Bahngleise, im Steingutwäldchen, Puschkinpark und rund um die Orangerie wird erhalten und wirkt sich maßgeblich positiv auf das Stadtklima aus. Im Sommer gewährleisten die hohen Baumwipfel eine ausgeprägte Verschattung der Außenräume, bei Starkregenereignissen dienen die großflächig entsiegelten Bereiche der Regenwasserretention. Indem darüber hinaus sämtliche Flachdächer, respektive solche mit Ost-, West- oder Südausrichtung mit Photovoltaik- und Solarthermieanlagen ausgestattet werden, fungiert das neue grüne Quartier am alten Leipziger Bahnhof gewissermaßen als sauberes Stadtteilkraftwerk mit unmittelbarem Nutzen für seine Bewohnenden.

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