Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de https://www.dresden.de/de/stadtraum/zentrale-projekte/alter-leipziger-bahnhof/phase1/1115_rheinfluegel-severin-mit-Rehwaldt-Landschaftsarchitekten.php 20.03.2024 11:10:43 Uhr 22.11.2024 02:28:41 Uhr |
1115_rheinflügel severin mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten
In der ersten Phase des Wettbewerbs zum Alten Leipziger Bahnhof konnten sich alle Büros mit entsprechender beruflicher Qualifikation bewerben und einen ersten Entwurfsansatz zur konkreten Aufgabenstellung entwickeln. Insgesamt gingen 39 Entwürfe in die weitere Wertung ein – einen davon sehen Sie hier.
Beschreibung des Entwurfs
VERBINDUNG
Mit der Entwicklung des Alten Leipziger Bahnhofs einschließlich des ehemaligen Schlachthofs und des Areals der früheren Steingutfabrik schließt sich in Dresden erstmals der städtebauliche Zusammenhang von der Neustadt nach Pieschen und von der Leipziger Vorstadt bis zur Elbe. Hierdurch ergeben sich vielfältige Verknüpfungen und Durchwegungen in nahezu alle Himmelsrichtungen – ein Gewinn für den gesamten Dresdner Norden. Ein vielfältiges Freiraumkontinuum bildet das identitätsstiftende Herz des neuen Quartiers und fungiert als städtebauliches Gelenk zwischen dem alten Bahnhof, dem ehemaligen Zollhof und dem nördlichen Areal der früheren Steingutfabrik und des ehemaligen Schlachthofs. Der Freiraum übernimmt auch hier eine verknüpfende Funktion für Fußgänger und Radfahrer vom Neustädter Bahnhof im Süden nach Pieschen und Radebeul im Norden. Der Entwurf greift darüber hinaus jede weitere Möglichkeit der Vernetzung auf, jedoch sind die Anbindungen in Ost-Westrichtung aufgrund der Barrierewirkung der Bahntrasse im Osten beschränkt.
IDENTITÄT
Zugleich entsteht ein neues Quartier mit zahlreichen Einwohnern, womit sich die Frage nach der Identität stellt. Der Entwurf greift die gewachsene Struktur der vorhandenen Typologien auf und setzt auf eine schrittweise Transformation. Im Zentrum des neuen Quartiers wird die Eventspange mit einer Markthalle im Südwesten ergänzt und über eine an der Leipziger Straße beginnende Platzfolge mit einem vielfältigen Angebot, z. B. kleinteiligem Einzelhandel und Gastronomie zur Quartiersmitte weiterentwickelt. Südlich und nördlich flankieren gewerbliche Nutzungen mit aktiven Erdgeschossen die Spange, um einen Lärmschutz zu den neuen Wohnstandorten herzustellen – schließlich bleiben die Event- und Konzertnutzungen erhalten. Nördlich und südlich der Spange bilden sich aufgrund der vorhandenen Situation Teilquartiere mit unterschiedlicher Charakteristik aus:
Puschkinkiez: Im Norden wird Wohnen und Arbeiten in horizontaler wie vertikaler Mischung möglichst dicht zusammengebracht. Das Ziel ist ein urbaner Mix von nicht störendem aber vielfältigem Gewerbe in zum Teil tiefen EG-Zonen mit Wohnnutzung in den Obergeschossen. Die Mischung wird auch typologisch vollzogen. Zum einen werden Blockstrukturen vorgeschlagen, welche sich an der denkmalgeschützten Bebauung nördlich der Erfurter Straße orientieren. Zum anderen wird mit einer tiefen Punkthausbebauung gearbeitet, wodurch die Achse der Gehestraße bis tief in das Quartier hineingezogen werden kann. Durch die Überlagerung von Block- und Punkthausbebauung entstehen reizvolle Stadträume, in die sich der Baumbestand südlich der Erfurter Straße ebenso integrieren lässt, wie das Gebäude des Puschkin-Clubs, dessen Nutzung in die Eventspange verlegt wird und somit Platz schafft für ein Puschkin-Café.
Steingutkiez: Hier entsteht eine lockere offene Wohnbebauung, welche sich nach Süden zu den weitläufigen Freiflächen öffnet. Über die Bildung von Wohnhöfen und durch die Einbeziehung von Genossensschafts-, Baugruppen- und Mehrgenerationenprojekten wird der Zusammenhang des gemeinschaftlichen Wohnens begünstigt. Die Mischung der verschiedenen Wohntypologien, Eigentumsformen und Finanzierungsmodelle erfolgt innerhalb der Nachbarschaften, um eine soziale Segregation zu vermeiden. Neben erprobten Wohntypologien soll es auch Raum für experimentelle Wohnformen geben. Gemeinwohlorientierte Nutzungen sind hier ebenso integriert wie die Kita mit einer großzügigen Außenspielfläche.
Zollhofkiez: Der Zollhof wird nach Süden um analoge Typologien ergänzt, sodass daraus ein eigener Kiez erwächst. Die U-förmigen Strukturen sollen allerdings nicht nur kleine Wohnungen enthalten wie der Bestand. Vorgesehen ist ein Mix aus unterschiedlichen Wohnungsgrößen einschließlich gefördertem Wohnungsbau. Die Erdgeschosszonen zur Leipziger Straße sind mit gewerblichen oder gemeinwohlorientierten Nutzungen aktiviert. Im Süden wechselt die Nutzung über alle Geschosse zugunsten der Kreativwirtschaft, welche hier einen idealen Standort vorfindet und die Nähe zu den Ateliers auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände zu nutzen weiß.
Alter Bahnhof: Sämtliche Gebäude des ehemaligen Bahnhofs bleiben erhalten und werden saniert, ggf. umgenutzt. Neben dem Verkehrsmuseum und dem Gedenkort bzw. NS-Dokumentationszentrum sind es gewerbliche Nutzungen, die dort verbleiben oder sich transformieren. Daneben liegt der Schwerpunkt auf künstlerischer Produktion. Ateliers, zum Teil in Kombination mit Wohnungen und Studentenwohnungen sollen hier eine offene Atmosphäre schaffen, die kreative Menschen aus allen Bereichen anzieht.
FREIRAUM
Im südlichen Bereich wird die Einfahrt zum ehemaligen Bahnhof von der Leipziger Straße erhalten und man betritt den charakteristischen Vorplatz mit dem historischen Granitpflaster. Von hier öffnet sich der Blick in die Ladehöfe bis zum St. Petri-Kirchturm. Im Bereich der Bahnsteige und Gleisanlagen wird der ruderale Charakter bewahrt und mit wenigen Interventionen behutsam in einen Park umgewandelt. Der Bahnsteigpark öffnet sich nach Norden und ist Teil des zentralen Grünraums, welcher sich zum Aneignungspark transformiert. Der innere Bereich des zentralen Grünraums wird als Jugendort nutzungsoffen gestaltet. Um die aktuellen Nutzer nicht zu verdrängen, werden keine großen Veränderungen des Freiraums vorgesehen, lediglich ein Grundgerüst aus Wegen, um den öffentlichen Charakter zu stärken. Im Bereich des ehemaligen Villengartens der Steingutfabrik werden die Orangerie und ein Nebengebäude nördlich des Zollhofs aktiviert. Diese werden zusammen mit dem wertvollen Baumbestand in einen Stadtgarten integriert, welcher unmittelbar westlich an den Aneignungspark angrenzt. Als introvertierter Grünraum schirmt er sich über eine dichte Gehölzpflanzung zur Leipziger Straße ab und erhält durch seine Wegeführung einen eigenständigen ablesbaren Charakter. Im Osten werden die reinen Artenschutzflächen am Bahndamm im Sinne einer Vernetzung an die bestehenden Schutzflächen am Gymnasium Pieschen angeschlossen. Der durchgängige Grünraum ist ein hochwertiger Trittstein und fördert den Biotopverbund in der Stadt. Er dient zudem als Puffer zum neuen Quartier. Alle Freiräume werden im Sinne des animal aided design gestaltet und fördern die Stadtnatur. Dasselbe gilt für den kleinen Ruderalpark südlich der Erfurter Straße, welcher den wertvollen Baumbestand aufnimmt. Über die Fortsetzung der Achse der Gehestraße folgen kleinere Quartiersgärten, über die eine grüne Verbindung zur Quartiersmitte auf dem ehemaligen Schlachthof hergestellt wird. Auch hier wird das Granitgroßpflaster erhalten. Die multifunktionalen Platzflächen bieten Raum für Veranstaltungen und aktives urbanes Leben.
ERSCHLIESSUNG
Die zum Quartierszentrum erweiterte Eventspange übernimmt als Nahmobilitätsachse selbst schon eine wichtige Erschließungsfunktion und stellt eine der wenigen Ost-West-Durchbindungen von der Leipziger Straße zur Großenhainer Straße her. In der Mitte kreuzt die zentrale Nord-Südachse, welche unter anderem für den übergeordneten Radverkehr von Bedeutung ist. Über die konsequente Anordnung der Quartiersgaragen an den Rändern kann das Quartier im Inneren nahezu autofrei gehalten werden. Die Leipziger Straße und Erfurter Straße behalten Ihre Funktion für den Individualverkehr, werden aber über eine räumliche Fassung konsequent aufgewertet. Hier befinden sich die Schnittstellen und Eingangsbereiche ins Innere des Quartiers, welche sich über differenziert ausgeprägte Freiräume darstellen.
NACHHALTIGKEIT
Der Entwurf reagiert auf die veränderten Lebensbedingungen durch den Klimawandel und hat gleichzeitig zum Ziel, klimaneutral zu sein. Das Konzept greift die Herausforderungen der Energiewende im urbanen Raum auf und zielt auf eine sektorenübergreifende Vernetzung der Gebäude- und Mobilitätsinfrastruktur. Ziel ist das „Smarte Quartier“, das eine effiziente Energieversorgung, einen ressourcenschonenden Umgang mit Baumaterialien und die Integration von Mobilitätsdienstleistungen in die digitale Haustechnik beinhaltet. Hierzu werden möglichst viele Neubauten in Hybrid- oder Holzbauweise realisiert oder ausgestaltet, sodass in Zukunft flexibel auf mögliche Nutzungsänderungen baulich reagiert werden kann. Für einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz werden alle Dachflächen konsequent mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Die erforderlichen Retentionsqualitäten werden durch eine Kombination mit extensiver Begrünung erreicht. Die weitgehende Begrünung unter Einbeziehung von Dach- und Fassadenflächen schafft ein angenehmes Mikroklima und ist in Kombination mit den dezentralen Versickerungs- und Retentionsflächen ein Beitrag zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung.
Großansicht der Pläne als PDF
- Präsentationsplan (*.pdf, 28 MB)