Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/archiv/Verletzlichkeit-und-Verantwortung.php 16.12.2022 17:11:53 Uhr 24.12.2024 14:05:09 Uhr |
Verletzlichkeit und Verantwortung
2. März bis 25. Mai 2022
2. Ausstellung der Jahresreihe „Natürlichkeiten“
Die Ausstellung mit dem Titel „Verletzlichkeit und Verantwortung“ zeigte bis zum 25. Mai 2022 Arbeiten von Bärbel Kuntsche (Jg. 1939), Christiane Latendorf (Jg. 1968), Gerda Lepke (Jg. 1939) und Gudrun Trendafilov (Jg. 1958).
Der Ausstellungstitel umschreibt metaphorisch die Suche nach dem eigenen Selbstverständnis als eine mögliche Art der Emanzipation im Denken auf dem Weg zur Selbsterkenntnis. „…und als ich mich selber trank, war ich zum Schauen erwacht. Da fiel mir Leben zu.“, schrieb Ingeborg Bachmann in ihren Tagebüchern. So ist es wohl auch möglich, dass sich ein Körper in eine Landschaft verwandelt, dass äußere Ansichten sich in inneren Einsichten spiegeln. Die Selbstbilder der vier ausstellenden Künstlerinnen konnten wie Zustandsbeschreibungen der Seele gelesen werden. Insbesondere der Kopf war innerhalb der Kunstgeschichte immer auch ein Symbol für Intellekt, Seele, Zeitgefühl und Zeitgeist, für Modebewusstsein und Charakter, für Vergegenwärtigung von Heldentum und Herrscherkraft, für Weisheit, Verschlagenheit und Dummheit. Der Kopf ist ein Sinnbild für Verlust und Gewinn, für Versagen und Motivation.
Darauf nimmt Bärbel Kuntsche, die seit vielen Jahren jeden Tag mit einem Selbstporträt beginnt, direkt Bezug. Ihre Selbstspiegelungen entsprechen sensibel ihrer jeweiligen Stimmung: kritisch oder empfindsam, freudvoll oder traurig und nachdenklich. Sie weiß um die Polarität von Stille. Die Stille in ihren Arbeiten ist auch mit Temperaturen verbunden, von warm bis kalt – wie zwischen dem Schwarz und Weiß ihrer Holzschnitte der gesamte farbige Kosmos verborgen ist. Man spürt die Sehnsucht, auch in den Gärten und Fensterausblicken, die Balance in einer Welt der Ungewissheiten nicht zu verlieren.
Christiane Latendorf hat es glücklicherweise nicht verlernt, mit Kinderaugen zu sehen und sich überraschen zu lassen. Alles ist möglich! Eine vitale Freude am Machen und ein damit verbundenes, gesteigertes Lebensgefühl kennzeichnen ihre bildnerische Arbeit. Ihre Malereien sind skurrile, witzig-ironische, liebenswerte, auch absurde Anmerkungen zur Gegenwart, die voll vom Geheimnis der Tage und der Nächte sind.
Gerda Lepke hat Alltagserfahrungen in eigene Mythologien verwoben, so dass diese als Gleichnis zeitlos Bestand haben und lesbar bleiben. Dazu gehören immer wieder Köpfe in ihrer eigenwilligen pointilistischen Handschrift. Bewegung, Leidenschaft und Schwingung zeichnen ihre Kunst aus. Die Kunst, sich ein Bild zu machen, ist ihr Lebensinhalt in einem niemals endenden Kampf, die Sprachlosigkeit zu überwinden. Sie hat sich nicht verloren in den Turbulenzen der Zeit.
Gudrun Trendafilov ist eine Künstlerin figürlich akzentuierter Verinnerlichung. In der Zeichnung ist das Inwendige ablesbar und zeitlos, so dass das allgemeine Unbehagen, das Einsamkeit, Ziellosigkeit und Fremdbestimmung hervorrufen, aufgehoben wird. Alles ist möglich innerhalb der Poesie der Formen, Träume erfüllen sich und der Himmel berührt die Erde.