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https://www.dresden.de/de/rathaus/politik/oberbuergermeister/gedenken-13februar-2025.php 17.02.2025 11:26:09 Uhr 27.04.2025 22:40:24 Uhr

Grußwort zur Festveranstaltung 80 Jahre Zerstörung Dresdens

Oberbürgermeister Dirk Hilbert am 13. Februar 2025 im Plenarsaal, Neues Rathaus, Rathausplatz 1

(Es gilt das gesprochene Wort)

Königliche Hoheit,

(Prinz Edward Herzog von Kent)

es ehrt uns außerordentlich, dass Sie als Mitglied der britischen Königsfamilie und Schirmherr des Dresden Trust, diesen besonderen Tag für Dresden – 80 Jahre nach der Zerstörung unserer Stadt – mit uns verbringen. Herzlich willkommen in Dresden. 

Es ist mir eine besondere Freude, dass Sie

Exzellenz,

(Andrew Jonathan Mitchell, Botschafter des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland) Seine Königliche Hoheit bei seinem Besuch in Dresden begleiten. Gerade in der heutigen Zeit ist es von unschätzbarem Wert, diplomatische Beziehungen aufrechtzuerhalten und zu pflegen. 

Daher ist es mir ebenso eine besondere Freude, die Jugenddelegationen aus unseren Partner- und befreundeten Städten zu begrüßen.

Ich bin gespannt, später von euch zu hören, wie sich junge Menschen mit der Geschichte Ihrer Stadt beschäftigen. Ich danke an dieser Stelle auch den Schülerinnen und Schülern der Dresdner Gymnasien und Schulen für die Mitwirkung und das Interesse an unserer heutigen Gedenkveranstaltung.

Liebe Gäste,

wenn ich in den Saal schaue, freut es mich, in so zahlreiche Gesichter der Generation zu schauen, die die Geschichte unserer Stadt erlebt und mitgeprägt haben. Unsere Ehrenmedaillenträger Professor Gerhard Glaser und Ernst Hirsch sind ebenfalls unter den Gästen. Ihnen allen danke ich ganz besonders für ihr Kommen!

Begrüßen möchte ich auch die Repräsentanten aus Diplomatie und Politik:

Verehrte Vertreter des Konsularischen Korps und des Dresden Trust, sehr geehrter Präsident Dr. Grünberg, sehr geehrte Frau Staatsministerin Köpping und Prof. Geiert und sehr geehrter Herr Staatsminister Piwarz, verehrte Abgeordnete des Sächsischen Landtags und Dresdner Stadtrates, verehrte Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen, verehrte Vertreter der Kultur, der Religionsgemeinschaften, der Polizei und Bundeswehr sowie der zahlreichen Organisationen der städtischen Erinnerungskultur, sehr geehrte Damen und Herren,

stellen Sie sich vor, Sie halten ein Buch in den Händen und blättern darin. Texte über Rüstungsbetriebe, Deportationen und Vertreibung wechseln sich ab mit Fotos einer durch Fliegerbomben zerstörten Stadt. Stellen Sie sich vor, die ersten Seiten dieses Buches fehlen. Die Seiten, die erklären, wie alles begann. Wie könnten Sie die Geschichte verstehen? Würden Sie die Tragweite der Ereignisse begreifen?

Liebe Gäste,

wir begehen heute den Jahrestag der Zerstörung Dresdens, um genau das zu verhindern. Vor 80 Jahren endete ein Krieg, der Millionen Leben auslöschte, der Städte wie Coventry, Ostrava, Rotterdam und auch Dresden zerstörte und die Welt für immer veränderte. Wir können dankbar sein, dass die ersten Seiten des Geschichtsbuches nicht verloren gegangen sind. Dokumentierte Geschehnisse, Zeugnisse und niedergeschriebene Erinnerungen füllen Archive, Bücher und Filme. Sie bewahren, was nicht in Vergessenheit geraten darf. Und auch heute sind Menschen unter uns, die Zeugnis geben können von einst. Ihr Kommen erfüllt mich mit großer Freude. Ebenso geehrt dürfen wir uns fühlen, dass Seine Königliche Hoheit, der Herzog von Kent, zu Beginn der heutigen Veranstaltung mit dabei sein kann. Er ist eng mit über 100 Organisationen verbunden. Darunter auch solche, die künftige Generationen ermutigen, sich an die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkriegs zu erinnern.

Liebe Gäste,

schlagen Sie das Geschichtsbuch gedanklich noch einmal auf und blättern Sie über das Jahr 1945 hinaus. Schritt für Schritt beseitigten die Menschen die Trümmerberge. Sie schufen neuen Wohnraum und stellten die Infrastruktur wieder her. Restauratorinnen und Handwerker errichteten bedeutende historische Gebäude neu – wie die Dresdner Semperoper. Heute vor 40 Jahren feierten die Dresdnerinnen und Dresdner ihre Eröffnung. In diesem Jahr begehen wir zudem das 200. Jubiläum ihres Balletts – ein weiteres bedeutendes Kapitel der Stadtgeschichte.

Die Semperoper ist ein Gebäude, vor dem wir uns deshalb heute zur Menschenkette versammeln werden. Auch die friedliche Revolution hat ihren Platz in dem Buch, das ich gedanklich vor Ihnen aufgeblättert habe. Sie ebnete den Weg für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche, die heute ein weltweites Symbol des Friedens ist. Maßgeblich unterstützt von Spenderinnen und Spendern auf der ganzen Welt. Und vom Dresden Trust, dessen Schirmherr Seine königliche Hoheit, der Herzog von Kent, seit vielen, vielen Jahren ist.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der 13. Februar ist ein wichtiger Tag im Kalender unserer Stadt. Jährlich halten wir inne und erinnern uns an die Geschehnisse und wie es dazu kam. Das ist wichtig, denn wir erleben immer wieder, dass Erinnerungen verfälscht, Gedenken vereinnahmt und Fakten geleugnet werden. Doch heute stehen wir vor einer neuen Herausforderung:

80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges übergibt die Generation der Zeitzeugen symbolisch der nächsten Generation eine Bitte und einen Wunsch. Ich möchte dies stellvertretend folgendermaßen adressieren:

Liebe junge Menschen aus Dresden, liebe Jugenddelegationen aus unseren europäischen Partnerstädten!

Bleibt wachsam. Hinterfragt kritisch. Mischt euch ein. Übernehmt Verantwortung. Aber vor allem: Haltet die Erinnerungen derer, die die Zeit erlebt haben, lebendig! Die Gestaltung dieser Aufgabe liegt in euren Händen. Ihr wählt die Kanäle und Formen, um die Vergangenheit in die Zukunft zu tragen – ob auf Social Media, in einem Podcast, als Dialog oder in einem anderen Format. Schon jetzt sind großartige Sachen entstanden, wie beispielsweise der Dresdner Lernweg. Anstatt wie üblich von Lehrern geleitet, übernehmen hier Schülerinnen und Schüler selbst das Zepter. Sie unterrichten einander zur Geschichte Dresdens im 20. Jahrhundert. Dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auch tänzerisch gelingen kann, haben uns die Studentinnen und Studenten der Palucca Hochschule für Tanz und das Ensemble ArtRose gerade gezeigt. Mit ihrer Performance haben Sie im 100. Jubiläumsjahr der Einrichtung ihr Können unter Beweis gestellt. Vielen Dank dafür. Und schließlich soll auch das heutige Format zum Diskurs zwischen Vergangenheit und Gegenwart anregen. So freue ich mich, dass in den Podiumsdiskussionen neben Zeitzeugen und Vertretern der Erinnerungskultur auch junge Menschen zu Wort kommen werden: aus Dresden, aus unserer Partnerstadt Breslau und aus unserer Solidaritätspartnerstadt Chmelnyzkyj.

Liebe Gäste,

nehmen Sie nun ein letztes Mal unser Buch in die Hand – gedanklich. Ist Ihnen aufgefallen, dass die letzten Seiten unbeschrieben sind? Wie wird die Geschichte ausgehen? Was wird über unsere Zeit darinstehen? Wird es heißen, dass wir gelernt haben? Dass wir Verantwortung übernommen haben? Oder werden die letzten Seiten von neuen Konflikten und einer zerbrochenen Gesellschaft erzählen? Trotz des Krieges in der Ukraine, der Konflikte in Nahost und an vielen anderen Orten wünsche ich mir: Möge die Zukunft eine Geschichte des Friedens werden. Möge sie geprägt sein von Begegnungen, Zusammenhalt und Respekt. Jede kleine Tat, jedes Fünkchen Mut kann dazu beitragen. Die leeren Seiten dieses Buches gehören uns allen – besonders der jungen Generation. Es liegt an euch, wie diese Geschichte weitergeht. „Zukunft durch Erinnern“ ist das Leitmotiv dieses Gedenkjahres 2025. Es ist unsere Verantwortung – weit über dieses Jahr hinaus. Vielen Dank.