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Grußwort zur Eröffnung des Internationalen Dresden Dialog
2. Oktober 2017, Plenarsaal Rathaus Dresden
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ihnen allen ein herzliches Willkommen in Dresden. Es ist eine große Ehre für die sächsische Landeshauptstadt, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Verzeihen Sie mir, dass ich an dieser Stelle Sie nicht alle namentlich begrüßen kann. Wir haben versucht, den Zeitplan für diese beiden Tage so straff wie möglich zu gestalten, damit vor allem der Austausch über die hochaktuellen Fragen dieser Tagung im Vordergrund steht. Ich will dennoch vor allem denjenigen danken, die dazu beigetragen haben, dass wir in so hochkarätiger Runde zusammenkommen sind.
Sehr geehrter Herr Lambertz,
als Präsident des Ausschuss der Region in Europa haben Sie vor einigen Monaten sofort Ihre Unterstützung zugesagt, als ich Ihnen meine Idee einer europäischen Bürgermeisterkonferenz vorgetragen habe. Vor allem haben Sie mich aber auch persönlich bestärkt, dass wir als kommunale Gemeinschaft viel voneinander lernen können und auch sollten. Vielen Dank, dass Sie und Ihre Organisation uns als Kooperationspartner zur Seite stehen.
Sehr geehrter Oberbürgermeister Schröter,
auch Ihnen einen herzlichen Dank, dass Sie als Vertreter des Präsidiums im Deutschen Städtetag heute bei uns sein können. Die Themen die wir behandeln wollen, sind auch in den Gremien des DST immer heiß diskutiert und deshalb danke ich sehr für Ihre Unterstützung.
Eine besondere Ehre ist es mir, dass Sie, Herr Stadtpräsident Dutkiewitsch, und Sie, Herr Oberbürgermeister Ries, gekommen sind. Dresden pflegt eine intensive Beziehung mit seinen beiden Partnerstädten Breslau und Straßburg. Ihre Teilnahme beweist diese herzliche Freundschaft einmal mehr und unterstreicht, wie wichtig die Pflege dieser Partnerschaften nach wie vor ist.
Verehrte Gäste,
gestatten Sie mir, dass ich den Beginn unserer Tagung nutze, um Ihnen einen kleinen Einblick zu geben, was mich motiviert hat, den „International Dresden Dialog“ zu initiieren.
Es ist jetzt genau ein Jahr her, dass Sachsen Gastgeber für die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit gewesen ist. Geplant war ein fröhliches Fest, auf dem sich vor allem die Verfassungsorgane und die 16 Bundesländer in Dresden präsentieren sollten. Doch als der Bundespräsident, die Bundeskanzlerin, die Ministerpräsidenten der Länder und zahlreiche Staatsgäste sich am Morgen des 3. Oktobers auf den Weg zur Frauenkirche machten, war diese Leichtigkeit des Feierns leider verloren. Was war passiert? Einige Hundert Demonstranten beschimpften und beleidigten lautstark die politische Prominenz. „Volksverräter“ schallte es lautstark über den Neumarkt. Die Hasstiraden waren so aggressiv, so bedrohlich, dass die Gäste der sächsischen Staatsregierung regelrecht in die Kirche flüchteten - nicht wenige mit Tränen in den Augen. Diese Bilder gingen um die Welt: Die politische und gesellschaftliche Elite beschimpft und ausgebuht am eigenen Nationalfeiertag in einer der schönsten und wirtschaftlich stärksten deutschen Städte.
Dies war ein trauriger Höhepunkt in einer Entwicklung, die sich schon in den Monaten zuvor abgezeichnet hat und die ihren vorläufigen Höhepunkt in der Wahl zum Bundestag vor einer Woche gefunden hat. Breite Teile der Bevölkerung in unseren Städten und Gemeinden zeigen auf der Straße und auch dem Wahlschein offen ihre Ablehnung gegen den Staat, seine Institutionen und auch seine gewählten Vertreter. Dresden ist eines der Zentren dieser Bewegung, aber wie die Bundestagswahl gezeigt hat, beileibe nicht das einzige. Gleichzeitig erleben wir in der Bundesrepublik eine neue Form des Nationalismus, von der wir geglaubt haben, Deutschland hätte sie längst überwunden. Viele Menschen fühlen sich bedroht – von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten, von fremden Kulturen, vom Islam, vom Terror in der Welt. Sie suchen nach den einfachsten Antworten, weil sie Politik und Verwaltung nicht mehr trauen.
Deutschland reiht sich damit nahtlos in eine europäische Entwicklung ein. Und damit meine ich nicht nur den Brexit oder die aktuellen Ereignisse in Spanien. Ob in den Niederlanden, Frankreich, Polen, Ungarn oder dem Balkan: Europa erlebt die erschreckende Renaissance der Populisten und Scharfmacher, die sich einer Abschottung des Kontinents und dem Wiederaufbau von Grenzen verschrieben haben.
Die Städte in Europa, und damit auch die Bürgerinnen und Bürger, sehen sich zeitgleich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Probleme konfrontiert, die auch je nach Region stark variieren. Die Bewältigung der Flüchtlingsströme; Jugendarbeitslosigkeit im Süden; Fachkräftemangel in Mittel- und Nordeuropa; Kriminalität und Subkulturen, die sich staatlicher Zugriffe entziehen; steigende Mieten und Getthoisierung. Das sind nur Schlaglichter aus den vielfältigen Herausforderungen, mit denen Sie und ich uns Tag für Tag auseinandersetzen müssen.
Die Sorge die mich dabei umtreibt ist, wie wir eine Spaltung bzw. eine Aufspaltung unserer Stadtgesellschaften in viele Teilbereiche verhindern können. Unsere Demokratien leben nicht zuletzt davon, dass die Bürgerschaft als Ganzes gewillt ist, die eigene Stadt, das eigene Umfeld konstruktiv zu gestalten. Dies erfordert zwangsläufig Toleranz und Offenheit für die unterschiedlichen Interessen und Notwendigkeiten, die eine Vielzahl von Menschen nun einmal mit sich bringt. Gleichzeitig braucht es Bürgerinnen und Bürger, die der Verwaltung und den gewählten Vertretern vertrauen entgegen bringen. Vertrauen, dass wir wiederum nur dadurch entstehen lassen können, dass die Menschen sich tatsächlich auch gut regiert fühlen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
in meinen zahlreichen Gesprächen der vergangenen Jahre und Monate, sei es hier in Deutschland, in Brüssel, im Vatikan oder in unseren Partnerstädten, habe ich immer wieder festgestellt, dass wir alle auf der Suche sind. Auf der Suche nach Ideen, nach Modellen und Projekten, die uns helfen können, den Frieden in unseren Städten zu wahren. Auch wir hier in Dresden haben schon einiges ausprobiert, um die Menschen zu erreichen. Um sie zurück in den demokratischen Prozess zu bringen und verlorengegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Doch ich glaube, dass wir alle noch voneinander lernen können. Dass wir gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen, oder bestehende Ideen diskutieren, dazu soll der „International Dresden Dialog“ dienen. Wir haben uns dabei bewusst nicht auf ein Themenfeld konzentriert. Dazu sind die Städte zu unterschiedlich und die Problemlagen oftmals zu vielschichtig. Wir wollen nicht zuletzt durch Vorträge und das persönliche Gespräch herausfiltern, welchen Bereichen wir uns vielleicht in Zukunft besonders widmen sollten. Sind es die sogenannten sozialen Medien, ist es die Kultur oder die politische Bildung? Oder gibt es Themen, die wir vielleicht bisher alle übersehen haben? Die Konferenz kann nur ein Auftakt sein, aber ich hoffe sehr, dass wir vielleicht in einigen Monaten wieder zusammenkommen und diesen Dialog verstetigen.
Ich bin gespannt auf die kommenden Stunden und ich hoffe sehr, Sie sind es auch. Danke, dass Sie gekommen sind!