Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/amtsblatt/friedensrichter-und-protokollfuehrer-1.php 10.01.2020 09:37:02 Uhr 21.12.2024 13:40:03 Uhr |
„Ein Friedens-Richter ist ein Friedens-Stifter“
Vorgestellt: Dr. Klaus-Jürgen Wilhelm, Friedensrichter in Dresden-Klotzsche
Die Landeshauptstadt Dresden sucht ab 1. Januar 2021 ehrenamtliche Friedensrichterinnen/-richter sowie Protokollführerinnen/-führer. Interessierte Dresdnerinnen und Dresdner können sich bis zum 6. Februar 2020 schriftlich dafür bewerben. Die ausführlichen Ausschreibungen stehen in diesem Amtsblatt auf den Seiten 17 bis 19. In Interviews erläutern Dresdnerinnen und Dresdner, was sie zu dieser Tätigkeit bewog. In diesem Interview steht Dr. Klaus-Jürgen Wilhelm, Friedensrichter in Dresden-Klotzsche, Rede und Antwort.
Was sind Ihre konkreten Aufgaben als Friedensrichter/Protokollführer?
„Sorgen Sie mal dafür, dass mein Nachbar endlich seine Hecke schneidet“ und „mit dem kann man nicht reden“. So könnte ein typischer Kontakt mit dem Friedensrichter beginnen. Ich schlage dann vor, in meine monatliche Sprechstunde zu kommen, um zu erklären, was meine Aufgabe ist und was nicht. Wichtig ist: ein Friedens-Richter ist kein Richter, der ein Urteil fällt, er wäre besser beschrieben als Friedens-Stifter. Ich versuche, als neutraler Dritter zu vermitteln, um mit mediativen Methoden eine außergerichtliche Einigung zu finden: Schlichten statt Richten!
Ich biete dann an, ein Schlichtungsverfahren in Gang zu setzen. Dazu muss der hilfesuchende Bürger bei mir einen Antrag stellen mit dem Begehren, hier zum Beispiel, dass der Nachbar (der Antragsgegner) die Hecke auf zum Beispiel 2 Meter Höhe zurückschneiden soll. Ich lade dann den Antragsgegner vor (sieht etwas drohend aus), der dann auch kommen muss. Ich schreibe ihm aber einen persönlichen Brief, in dem ich ihn bitte, mich anzurufen, damit ich ihm erkläre, was Sinn und Zweck eines solchen Gespräches ist. Und dass ich bis jetzt natürlich nur die Meinung des Antragstellers kenne.
In dem dann stattfindenden nicht öffentlichen Treffen der beiden Parteien mit mir und meiner Protokollantin versuche ich als erstes herauszufinden, was hinter dem konkreten Anlass „Hecke“ steckt. Meist ist das nämlich nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. In Wirklichkeit verbirgt sich häufig viel mehr dahinter: ein lang zurückliegender Vorwurf oder eine als Beleidigung aufgefasste flapsige Bemerkung. Wichtig ist es, beide dazu zu bewegen, alle Probleme, die sich möglicherweise seit Jahren aufgestaut haben, zu äußern. Ich versuche, Missverständnisse und Vorurteile herauszuarbeiten, bevor wir die sachliche Ebene („Hecke“) angehen. Hier ist es dann wichtig, eine Kompromisslösung zu finden, bei der sich keiner als Verlierer sieht, „das Gesicht verliert“: Warum zum Beispiel nicht 2,5 Meter Höhe anstatt der verlangten 2 Meter?
Genau hier liegt nämlich der Unterschied zu einer Gerichtsverhandlung, in der der Richter üblicherweise in der Kategorie schuldig/nicht schuldig entscheidet, richtet.
Wenn sich die beiden mit meiner Hilfe einigen, verfassen wir ein von allen zu unterschreibendes Protokoll. Das dann allerdings wie ein Gerichtsurteil wirkt, es kann zum Beispiel noch dreißig Jahre lang durch das Amtsgericht „vollstreckt“ werden, wenn sich einer der Partner nicht daran hält.
Die Kosten für ein solches Verfahren sind übrigens überschaubar: etwa 40 Euro.
Wie oft werden Sie in dieser Tätigkeit eingesetzt?
Im Schnitt etwa fünf bis zehn Mal pro Jahr in meiner Schiedsstelle.
Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollte ein Friedensrichter/Protokollführer mitbringen?
Zuhören können, geduldig sein, die Sorgen der hilfesuchenden Bürger ernst nehmen und Verständnis zeigen. Weitgehende juristische Kenntnisse sind jedoch nicht unbedingt notwendig, um nicht in die „schuldig/nicht schuldig-Falle“ zu geraten.
Gibt es Erfahrungen, die Sie geprägt haben in Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit?
Die Erkenntnis, nicht überheblich sein zu dürfen angesichts von Problemen anderer, die mir nicht verständlich sind.
Freude darüber, ein wenig helfen zu können, in unserer aggressiver werdenden Welt ein friedvolleres Miteinander zu erreichen.
Welchen Rat haben Sie für Menschen, die sich für eine Tätigkeit in so einem Amt interessieren?
Wenn Sie glauben, die oben erwähnten Fähigkeiten und Eigenschaften zu besitzen, würden wir uns freuen, wenn Sie sich als Kollegen/Kollegin bewerben würden. Herzlich willkommen!