Kunststadt

In der Residenz der sächsischen Kurfürsten und Könige entstanden seit dem 16. Jahrhundert wichtige Werke der Baukunst – noch heute ablesbar u.a. am Dresdner Schloss, an dem nahezu jede Stilphase der europäischen Architektur ihre Spuren hinterlassen hat.

Gleichwohl gründet sich der heutige Ruhm der Dresdner Architektur auf die barocken Bauten der Stadt. Als König von Polen ließ August der Starke, nach ihm auch sein Sohn August III., Dresden zu einer der vornehmsten europäischen Residenzen ausbauen. Eindrucksvolle Zeugen des Dresdner Barock sind heute noch der Zwinger von Pöppelmann und Permoser, das Blockhaus, das Taschenbergpalais, das Japanische Palais und George Bährs Frauenkirche.

Einen weiteren architektonischen Höhepunkt bildet der Klassizismus mit der Schinkelschen Wache am Theaterplatz sowie die Gemäldegalerie und das Opernhaus Gottfried Sempers, die im Stil des Historismus entstanden.

Das rasche Wachsen der Stadt ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war nicht nur von bedeutenden stadttechnischen und städtebaulichen Leistungen begleitet, sondern fügte auch weitere herausragende Bauten in das Ensemble ein.

Dresden konnte damit das schon damals berühmte Stadtbild bewahren und zudem durch innovative Architektur ergänzen: So schuf Hans Erlwein wegweisende kommunale Gebäude und mit dem Ortsteil Hellerau entstand die erste Gartenstadt Deutschlands.

Die schweren Zerstörungen am Ende des Zweiten Weltkrieges beraubten Dresden einer Vielzahl von Baudenkmalen. In unendlich mühevoller Arbeit, geleitet von engagierten und sachverständigen Denkmalpflegern, gelang es seitdem, der Stadt ihre Bedeutung als Perle europäischer Architektur zurückzugeben.

So treffen alt und neu aufeinander: Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr überrascht durch seine beeindruckende Architektur. Nach Plänen des Stararchitekten Daniel Libeskind wurde das historische Arsenalgebäude mit einem Neubau erweitert, der in Form eines transparenten Keils die spätklassizistische Fassade durchbricht und damit bereits Innovation assoziiert.

Kunst hat in Dresden eine lange Tradition. Bereits seit dem Mittelalter waren im Auftrag des sächsischen Hofes bedeutende zeitgenössische Künstler in der Stadt tätig gewesen.

Eine außergewöhnliche kulturelle Blüte erlebte Dresden im 18. Jahrhundert unter der Herrschaft August des Starken und August III., die ihre Residenz zu einer der prächtigsten Städte Europas ausbauten. Architektur, Kunst und Musik nahmen im »Augusteischen Zeitalter« einen bedeutenden Aufschwung.

Beide Monarchen zogen hervorragende Künstler an ihren Hof: Der französische Maler Louis de Silvestre überlieferte mit seinen Porträts ein beeindruckendes Bild der sächsisch-polnischen Herrscher, während der Hofjuwelier Johann Melchior Dinglinger einzigartige Kunstwerke von bisher ungekannter Schönheit und Kostbarkeit schuf.

Johann Friedrich Böttger gelang nach unzähligen Versuchen die Erfindung des europäischen Porzellans, des legendären »weißen Goldes« Sachsens und seit 1743 wölbte sich die berühmte glockenförmige Kuppel der Frauenkirche George Bährs über der Stadt.

1755 erschien in Dresden Johann Joachim Winckelmanns aufsehenerregende Schrift »Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercken in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst«, die die Abkehr von der höfischen Formensprache des Rokoko propagierte und die Epoche des Klassizismus einleitete.

In der zweiten Jahrhunderthälfte erlangte die Dresdner Kunstakademie besondere Bedeutung. Durch so anerkannte Professoren wie Anton Graff und Adrian Zingg zählte sie auf dem Gebiet der Malerei bald zu den führenden Kunstschulen Europas.

Ernst Rietschel, Gottfried Semper und Ludwig Richter begründeten Mitte des 19. Jahrhunderts eine zweite bedeutende Epoche der Akademie, die um die Jahrhundertwende einen weiteren Höhepunkt mit Künstlern wie Gotthardt Kuehl oder Robert Sterl erlebte.

In Ablehnung des konventionellen akademischen Kunstbetriebes machte die Künstlergruppe »Die Brücke« Anfang des 20. Jahrhunderts Dresden zu einem der Zentren des Expressionismus. Mit Oskar Kokoschka, Otto Dix, Hans Grundig oder Wilhelm Rudolph wirkten seitdem bedeutende bildende Künstler in der Stadt. Der Altmeister der Konstruktivisten, Hermann Glöckner, lebte hier, Exponenten der Moderne wie Gerhard Richter und A. R. Penck begannen in Dresden ihr Oeuvre.

Die Geschichte der höfischen Musik in Dresden läßt sich bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Die im Jahre 1548 gegründete Hofkantorei und -kapelle begründete eine Tradition, auf die sich heute die Sächsische Staatskapelle und die Staatsoper berufen können.

Im 17. Jahrhundert verhalf Heinrich Schütz (1585- 1672) der Dresdner Hofmusik zu europäischer Bedeutung. Er gilt als »Vater der deutschen Musik« , schuf die ersten deutschen Oratorien und zahlreiche geistliche Konzerte, Passionen und Motetten. Diese werden noch heute gepflegt, u.a. von einem der berühmtesten und ältesten Knabenchöre der Welt, dem Dresdner Kreuzchor.

In den Jahren 1734 bis 1763 erlebte die italienische Oper unter Johann Adolf Hasse, der hier etwa 100 musikalische Werke schuf, einen einzigartigen Höhepunkt. Im 19. Jahrhundert machte Carl Maria von Weber Dresden zu einem Zentrum der musikalischen Romantik, Richard Wagner komponierte hier seinen »Tannhäuser« und »Lohengrin« und Robert Schumann verlebte in Dresden seine fruchtbarsten Jahre. Um die Jahrhundertwende schrieb die Dresdner Oper u.a. mit Uraufführungen von neun Opern Richard Strauss erneut Musikgeschichte.

Dresden beheimatet bedeutende Klangkörper wie die Sächsische Staatskapelle und die Dresdner Philharmonie. Heute kann man in der Dresdner Semperoper, einem der berühmtesten Opernhäuser der Welt, Tradtion wie zeitgenössische Musikpflege erleben.

Die Sächsische Staatskapelle Dresden zählt zu den Spitzenorchestern der Welt und steht im Dresdner Musikleben an hervorragender Stelle. Mit ihren 145 Musikern begleitet sie nicht nur die Aufführungen der Staatsoper, sondern übt gleichzeitig eine eigene reche Konzerttätigkeit aus.

Die Philharmonie als zweites ausgezeichnetes, in Dresden beheimatetes Orchester widmet sich neben Konzerten, In- und Auslandstourneen und intensiver Kammermusikpflege auch der Musikerziehung. Im Mittelpunkt ihres Wirkens stehen das Werk von Beethoven, Mahler, Brahms, Bruckner und Tschaikowski sowie das Gegenwartsschaffen.

Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts stellte Dresden ein bedeutendes Zentrum des modernen Tanzes dar. Der entscheidende Impuls war von dem österreichischen Musikpädagogen Émile Jaques-Dalcroze ausgegangen.

Dalcroze fand in der neugegründeten Gartenstadt Hellerau vor den Toren Dresdens ein ideales Domizil für seine Tanzschule. 1911/12 errichtete Heinrich Tessenow den streng symmetrischen Schulkomplex mit dem zentralen Festspielhaus.

Unter der Leitung des Schweizer Bühnenbildners und Regisseurs Adolphe Appia wurden hier bahnbrechende Inszenierungen aufgeführt, die internationale Berühmtheit erlangten. Bis 1915 war die »Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus« ein Mittelpunkt der bürgerlichen Lebensreformbewegung in Deutschland. Sie gab wesentliche Impulse für die Entwicklung der rhythmischen Gymnastik und des Kunsttanzes und trug entscheidend zum Ruf Helleraus als Kulturzentrum bei.

Im Jahr 1920 kam Mary Wigman, die Hauptvertreterin des deutschen Ausdruckstanzes, nach Dresden und begründete mit ihrer Tanzgruppe und Schule an der Bautzner Straße 107 (heute Spielstätte »Kleine Szene« der Staatsoper) Dresdens Ruf als eine Stadt des Tanzes. Ende der zwanziger Jahre wurden am »Wigman-Zentralinstitut« in Dresden und dessen Filialen in anderen Städten ca. 2000 Schüler ausgebildet.

Gret Palucca, 1920/ 23 Schülerin Mary Wigmans, setzte die Tradition des Ausdruckstanzes in Dresden fort. In den zwanziger und dreißiger Jahren erlangten ihre Darbietungen Weltruhm. Ab 1925 führte sie eine eigene Tanzschule, die als »Palucca Schule« noch heute besteht und zu den bedeutenden deutschen Ausbildungsstätten für Bühnentänzer, Choreographen und Tanzpädagogen zählt.

Regelmäßige Auftritte reisender Schauspieltruppen in Dresden sind seit dem 16. Jahrhundert überliefert. Sie traten teils auch am sächsischen Hof auf, dessen Geschmack jedoch eher durch die Oper geprägt war.

Im 18. Jahrhundert wirkte Caroline Neuber, die »Mutter des deutschen Schauspiels« in Dresden. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmte das 1814 gebildete Staatstheater mit Dramaturgen wie Ludwig Tieck und Karl Gutzkow maßgeblich das Theaterleben der Stadt.

Ein Höhepunkt der Dresdner Theatergeschichte waren um 1900 die Inszenierungen von Werken zeitgenössischer Autoren wie Ibsen, Strindberg, Wilde und Schnitzler. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Alberttheater unter Graf von Seebach zu einem wichtigen Aufführungsort des expressionistischen Theaters. Literarische Werke von Walter Hasenclever und Oskar Kokoschka, die in Dresden lebten, Friedrich Wolff und Reinhard Goering beeinflußten von hier aus die deutsche Theaterszene.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren alle Dresdner Theaterbauten zerstört. Dennoch fanden bereits im Juli 1945 erste Aufführungen statt und 1948 konnte das wiederaufgebaute Schauspielhaus in Betrieb genommen werden.

In DDR-Zeiten dominierte ein solides Repertoire-Theater, in dem in den Siebziger Jahren Uraufführungen von Peter Hacks, in den Achziger Jahren Wolfgang Engels Inszenierungen von Werken Heiner Müllers Akzente setzten.

Die besondere Atmosphäre der Stadt – geprägt von den Gegensätzen verträumter, fast biederer Lebensart der Residenz auf der einen Seite und kreativer, weltoffener Kulturmetropole auf der anderen – hat über Jahrhunderte Dichter und Literaturfreunde angezogen und inspiriert.

Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Dresden zu einem der Zentren deutscher Literatur, besonders der literarischen Romantik. Im Salon Christian Gottfried Körners und später im Haus von Ludwig Tieck verkehrten große Dichter wie Goethe, Schiller, Herder, Kleist, Novalis und so wichtige Denker wie Humboldt und die Gebrüder Schlegel.

Einen weiteren Höhepunkt erlebte die Literatur in Dresden einhundert Jahre später. Ab 1919 scharten sich um die Zeitung »Menschen« so bekannte Expressionisten wie Ivan Goll, Friedrich Wolf, Paul Adler und Oskar Kokoschka als Dramatiker. Erich Kästner verbrachte Kindheit und Jugend in Dresden und veröffentlichte hier seine ersten Gedichte.

Martin Andersen-Nexö, Gerhart Hauptmann, aber auch Friedrich Gerstecker arbeiteten in Dresden an wichtigen Werken. In Radebeul bei Dresden erfand Karl May die abenteuerlichen Gestalten seiner Romane, die Generationen von Kindern und Jugendlichen begeistert haben.