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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2003/06/c_523.php 29.05.2015 00:11:07 Uhr 17.07.2024 09:07:56 Uhr

Bürgerbegehren zum historischen Neumarkt

Im April 2003 übergab die Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e. V. die Unterschriften zum Bürgerbegehren „Ja! Zum historischen Neumarkt!“ an Oberbürgermeister Ingolf Roßberg. Das Rechtsamt prüfte die Inhalte und kam zu folgendem Ergebnis:Das Bürgerbegehren „Ja! Zum historischen Neumarkt“ mit der Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass die Landeshauptstadt Dresden sich bei der Bauleitplanung und Gestaltung des Dresdner Neumarktgebietes - innerhalb ihrer rechtlichen Möglichkeiten und unter Wahrung ihrer Verpflichtung zur Abwägung – am Leitbild der historischen Bebauung vor der Zerstörung im Februar 1945 orientiert und die weitgehende Wiederherstellung des Neumarktes nach historischen Maßgaben (im Einzelnen siehe Rückseite) anstrebt?“ ist unzulässig. Daraufhin wurde ein Beschluss für die nächste Stadtratssitzung am 26. Juni 2003 vorbereitet, der die Entscheidung der Verwaltung wie folgt begründet:

Ein Bürgerbegehren darf keine gesetzeswidrigen Ziele verfolgen
Im Wesentlichen ergibt es sich die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens hier aus einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 Baugesetzbuch. Das Abwägungsgebot gibt der planenden Stadt auf, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sämtliche private und öffentliche Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen. Danach ist es nicht möglich, bis zum Beschluss über die einzelnen Belange, also letztlich bis zum Satzungsbeschluss, durch andere Maßnahmen bzw. Verfahren einzelne Entscheidungen vorwegzunehmen und damit einzelne Belange vorrangig zu behandeln bzw. zu gewichten.
Daher sind nach herrschender Meinung lediglich kommunale Bürgerbegehren, die sich mit der Frage befassen, ob eine kommunale Bauleitplanung durchgeführt wird, zulässig. Dagegen sind solche Bürgerbegehren, die sich auf das "Wie" dieser Planung beziehen und deren inhaltliche Ausgestaltung im Einzelnen vorgeben wollen, unzulässig.
Letzteres wird auch mit dem Bürgerbegehren hier versucht. Insbesondere durch die Maßgaben auf der Rückseite des Vordrucks wird dezidiert und im Einzelnen vorgegeben, welche Gebäude in welcher Form und Gestalt wieder aufgebaut werden sollen, dies parzellenscharf bzw. je nach Lage in der jeweiligen Straße mit der jeweiligen (alten) Hausnummer.
Diese inhaltlichen Maßgaben gehen einerseits weit über das hinaus, was rechtlich in zulässiger Weise in einem Bebauungsplan oder einer Gestaltungssatzung festgesetzt werden könnte; andererseits ist eine Bindung der Verwaltung an die Festsetzung derartiger Inhalte in einem Bebauungsplan über ein Bürgerbegehren nicht möglich, da hierdurch gegen das oben genannte Abwägungsgebot verstoßen würde.

Bauleitverfahren sichert Beteiligung der Bürger
Aufgrund der großen Beteiligung am Bürgerbegehren und des großen öffentlichen Interesses an der Bebauung des Neumarktes will die Stadt über bisher gefasste Stadtratsbeschlüsse hinaus den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr Möglichkeit geben, am Planungs- und Baugeschehen mitzuwirken.
Die Aufstellung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen bei einzelnen Baumaßnahmen erscheint als die beste Lösung. Sie schafft einerseits für die konkreten Vorhaben der Bauherren Baurecht und andererseits schöpft sie alle Festsetzungsmöglichkeiten hinsichtlich der Gestaltung aus. Der dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugrundeliegende Entwurf des Vorhabenträgers kann als Vorhabenplan ganz unmittelbar Bestandteil des Verfahrens und damit vom Stadtrat beschlossen werden. Rekonstruktionen von Gebäuden und Fassaden können genau definiert und die Umsetzung durch den Durchführungsvertrag abgesichert werden. Eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion kann Zielstellung einer solchen Vereinbarung sein.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan unterliegt öffentlicher Beteiligung. Damit besteht für interessierte Kreise die Möglichkeit, Anregungen zum konkreten Vorhaben einzubringen. Der Stadtrat kann in Abwägung aller vorgetragenen Belange mit dem Vorhabenplan auch zur äußeren Gestalt Entscheidungen treffen. Die Landeshauptstadt wird Investoren besonders unterstützen, die bereit sind, historische Fassaden zu rekonstruieren. Um die qualitätsvolle Nachgestaltung und Rekonstruktion historischer Fassaden zu sichern, wird die Stadt die Bauvorlagen mit dem Landesamt für Denkmalpflege abstimmen. Mit den Bauherren können in Durchführungsverträgen konkrete Vereinbarungen getroffen werden.
Die vorliegende städtebaulich-gestalterische Konzeption dient nach wie vor als Grundlage für die weitere Bearbeitung. Sie bleibt offen für weitere oder andere Rekonstruktionen, für die es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine hinreichend dokumentarischen Anhaltspunkte gibt. Die Konzeption soll die bereits festgelegten Ziele bekräftigen und das städtebaulich-räumliche Leitbild am Neumarkt umsetzen helfen. Das formale Bauleitverfahren gewährleistet die Information der Öffentlichkeit über konkrete Bauvorhaben, so dass sich jeder Interessierte am Diskussionsprozess im Sinne des Bürgerbegehrens beteiligen kann.

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