Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/haushalt/aktuell/110-einbringungsrede-ob_2025-2026.php 21.11.2024 19:04:12 Uhr 22.11.2024 05:29:31 Uhr |
Rede des Oberbürgermeisters
Rede des Oberbürgermeisters zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2025/2026 in den Dresdner Stadtrat am 21. November 2024
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Gäste hier im Saal und an den Bildschirmen,
der Haushaltsentwurf, der mit dem heutigen Tag vorliegt, hat schon im Vorfeld viele Emotionen und heftige Debatten ausgelöst. Deshalb sei es mir gestattet, diese Einbringung auch ausführlicher zu gestalten, als es vielleicht sonst der Fall ist. Ich denke, dies ist wesentlich, damit Sie als entscheidendes Gremium, aber auch die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, wie dieser Entwurf entwickelt wurde und vor allem unter welchen Rahmenbedingungen er entstanden ist.
Im Grunde spiegelt dieser Finanzplan die aktuelle Situation in unserem Land wieder: Der Haushaltsentwurf ist geprägt von den Umbrüchen und Unsicherheiten auf allen politischen Ebenen.
Er spiegelt massiv die strukturellen Probleme wieder, die in zahlreichen Politikfeldern in ungewohnter Deutlichkeit zu Tage treten. Beispielhaft will ich hier nur die Sozialsysteme oder Defizite beim Erhalt der Infrastruktur benennen.
Er hat mit erheblichen Kostensteigerungen in fast allen Bereichen von Personal bis Energie zu kämpfen. Und der Entwurf macht deutlich, dass die Schere zwischen kommunalen Ausgaben und Einnahmen immer weiter auseinandergeht. Dies passiert nicht zuletzt, weil Bund und Länder es versäumt haben, die Folgekosten ihrer Gesetzgebungen zu durchdenken.
Dass diese Schere so dramatisch auseinandergeht, ist vor dem Hintergrund der nackten Zahlen kaum zu vermitteln. Dieser Haushalt umfasst ein Rekord-Volumen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro alleine in 2025. Vor zehn Jahren lag unser Etat noch um eine ganze Milliarde darunter, nämlich bei 1,3 Milliarden Euro. Oder um es einfach auszudrücken: Noch nie war so viel Geld im städtischen System. Warum wir trotzdem vor so schwierigen Haushaltsberatungen stehen bedarf einer genaueren Betrachtung.
Fakt ist:
Wir übergeben Ihnen heute ein umfangreiches Werk, welches in der Hauptsache folgende rechtlichen Prämissen erfüllt.
Erstens: Der Haushalt ist über den Planungszeitraum von fünf Jahren ausgeglichen und damit genehmigungsfähig.
Zweitens: Wir werden aller Voraussicht nach in der Lage sein, unsere Pflichtaufgaben zu erfüllen.
Drittens: Im Kernhaushalt ist – so wie es die Hauptsatzung verlangt – keine Neuverschuldung enthalten.
Und lassen Sie mich einen vierten Punkt hinzufügen, der zwar keine rechtliche Relevanz hat, aber im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung unverzichtbar ist: Dieser Haushaltsentwurf garantiert, dass wir als Stadt handlungsfähig sind und bleiben.
Dies sind die banalen Fakten. Aber dieser Haushaltentwurf spiegelt auch eine Entwicklung wider, die wir so seit dem Verkauf der WOBA in der Stadt nicht gehabt haben. Der fast schon explosionsartige Anstieg der Kosten in fast allen Pflichtaufgaben verringert den Spielraum für alle freiwilligen Leistungen in dramatischer Art und Weise.
Und wenn ich von Pflichtaufgaben spreche, meine ich damit Leistungen, zu denen wir gesetzlich verpflichtet sind und auf die die Bürgerinnen und Bürger einen rechtlichen Anspruch haben. Weder die Stadtverwaltung noch der Oberbürgermeister kann und wird sich dieser Pflichterfüllung entziehen.
Ich will nur einige wenige Beispiele nennen. Alle Steigerungen beziehen sich auf den Zeitraum von 2022 zu 2026:
- Die Kosten für den Kommunalen Sozialverband sind um 24 Millionen Euro gestiegen.
- Die Kosten für die Hilfen zur Pflege um 11 Millionen Euro,
- die Kosten der Unterkunft um 17 Millionen Euro und
- die Hilfen zur Erziehung um 16 Millionen Euro.
Tatsache ist: Jeder einzelne Geschäftsbereich, also auch jedes Politikfeld, hat in der vorliegenden Planung mehr Geld zur Verfügung.
Aber – und dieses Aber wird uns alle die kommenden Wochen und Monate intensiv beschäftigen – aber alle Geschäftsbereiche haben mit Kostensteigerungen umzugehen, die den Spielraum für freiwillige Leistungen massiv einschränken.
Ich werde in meiner Rede nicht auf jede einzelne Fachaufgabe eingehen können, die von Kürzungen betroffen ist. Die Systematik in der Erstellung des Haushaltes war von mir klar vorgegeben. Die Geschäftsbereiche erhalten ein Budget, welches proportional dem der vergangenen Haushalte entspricht. Darüber hinaus wurden von ihnen gefasste Beschlüsse sowie bekannte Kostenentwicklungen in den Budgetvorgaben soweit als möglich bereits eingearbeitet. Die Beigeordneten und Ämter haben dann die Prioritätensetzung vorgenommen und die Mittel so verteilt, wie es aus ihrer fachlichen Perspektive richtig erschien.
Die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung haben uns nicht, wie in den vergangenen Jahren eigentlich üblich, zusätzliche Spielräume eröffnet.
Vielmehr mussten wir einen erheblichen Rückgang der Schlüsselzuweisungen in Höhe von 157 Millionen Euro für den Doppelhaushalt 2025/26 kompensieren. Bis 2029 betrug das Defizit insgesamt sogar rund 352 Millionen Euro.
Mit dieser Hypothek sind wir gemeinsam in die intensiven Haushaltsberatungen gegangen. Das Ergebnis liegt Ihnen jetzt vor. Die darin enthaltene Prioritätensetzung zu hinterfragen und auch neu zu definieren, ist jetzt Aufgabe der Politik.
Ich will an dieser Stelle unseren aktuellen Bundeskanzler Olaf Scholz aus einer Rede vor dem Deutschen Städtetag zitieren: „Wie unser Staat von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen wird, das entscheidet sich zu einem erheblichen Teil vor Ort, in unseren 12.000 Städten und Gemeinden, ob es gut begeh- und befahrbare Straßen gibt, Kita-Plätze und bezahlbare Wohnungen im eigenen Viertel, wie schnell man einen Termin bekommt, um den Reisepass noch vor den Sommerferien verlängern zu können, wie lange eine Baugenehmigung dauert, ob abends noch ein Bus oder eine Bahn fährt, wie es in der Schulsporthalle aussieht und im örtlichen Schwimmbad – das sind doch Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger zurecht umtreiben und bewegen. Alle diese Fragen haben eines gemeinsam: Sie entscheiden sich in den Gemeinden und Städten unseres Landes.“
Diesem Zitat von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages im vergangenen Jahr kann man eigentlich nicht widersprechen. Es zeigt aber auch unfreiwillig die ganze Problemlage der Kommunen – nicht nur von Dresden.
Was meine ich damit? All die Beispiele die der Bundeskanzler hier anführt, fallen im weitesten Sinne unter die freiwilligen Aufgaben, die wir als Kommune erfüllen wollen. Was der Bundeskanzler verschweigt – ob bewusst oder unabsichtlich kann ich nicht sagen - sind die Pflichtaufgaben die wir erfüllen müssen. Diese Pflichtaufgaben sind es, die den Rahmen für diese Finanzplanung vorgeben – ob es uns gefällt oder nicht. Eine völlig andere Situationsbeschreibung als der Bundeskanzler erreichte mich vor wenigen Tagen in einem Schreiben des Rechnungsprüfungsamtes. Dort heißt es kurz und prägnant:
Das Rechnungsprüfungsamt hebt daher nochmals hervor, dass angesichts der gegenwärtigen Haushaltssituation oberste Priorität darauf zu legen ist, die Erfüllung der Pflichtaufgaben der Landeshauptstadt Dresden sicherzustellen. Transferaufwendungen, die in erheblichem Umfang anwachsen, sind sorgfältig zu überwachen und im Hinblick auf die Abgrenzung von Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zu bewerten, um die finanzielle Stabilität der Landeshauptstadt Dresden nicht zu gefährden. – Zitat Ende
Dieser Haushaltsentwurf spiegelt wider, was die gesamte kommunale Gemeinschaft, ja die gesamte Bundesrepublik in den kommenden Wochen und Monaten bewegen wird:
- Die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben – insbesondere im Sozialbereich – führt zu massiven Einschnitten bei allen freiwilligen Aufgaben.
- Ohne Mehreinnahmen, darunter zwangsläufig Mehrbelastungen der Bürgerinnen und Bürger, werden die kommunalen Haushalte nicht auszugleichen sein.
- Jede Maßnahme von Bund und Ländern zu Lasten der Kommunen wird die Situation weiter verschärfen. Jede vermeintliche politische Wohltat wird an anderer Stelle Löcher reißen.
- Gleichzeitig wird die Verschuldung der Städte und Gemeinden neue Dimensionen annehmen – zu Lasten der künftigen Generationen.
Meine Damen und Herren,
die Erfüllung der Pflichtaufgaben ist nicht das einzige, was diesen Haushalt belastet. Ein weiterer Faktor sind die Personalkosten, die einen immer größeren Anteil an den Gesamtausgaben der Stadt ausmachen. Wir rechnen für 2025 mit 560 Millionen Euro. Auch dies ist eine Steigerung von 66 Prozent in den vergangen 10 Jahren.
Wir haben in den vergangenen Haushaltsbeschlüssen im Einvernehmen mit diesem Stadtrat zahlreiche neue Stellen in der Verwaltung geschaffen. Dies geschah in Aufgabenbereichen, die zur Erfüllung unserer Pflichtaufgaben zwingend nötig gewesen sind, wie etwa dem Wohngeld.
Dies geschah aber auch in Bereichen, die politisch gewollt waren, wie etwa dem Gemeindlichen Vollzugsdienst oder im weitesten Sinn für Aufgaben der Digitalisierung, der Verkehrswende oder dem Klimaschutz. Im Rahmen dieser Haushaltsplanerstellung haben die Ämter und Geschäftsbereiche einen weiteren Mehrbedarf von rund 660 Stellen angezeigt.
Mir ist bewusst, dass gerade die Personalkosten in jeder Kürzungsdiskussion zuerst auf den Prüfstand kommen. Ich will aber an dieser Stelle vor Schnellschüssen warnen. In vielen Bereichen haben gerade gesetzliche Anforderungen erhebliche Mehrbelastungen mit sich gebracht. Ich will hier beispielhaft die Digitalisierung, den Rettungsdienst oder die Meldebehörden nennen.
Trotzdem haben wir in diesem Haushaltsentwurf zuerst bei uns in der Verwaltung klare Vorgaben gemacht. Nicht zuletzt, damit die Personalkosten nicht zu Lasten andere Bereiche weiter ungebremst ansteigen.
Die Finanzplanung unterstellt, dass keine weiteren zusätzlichen Stellen geschaffen werden. Gleichzeitig haben wir Tarifsteigerungen von zwei Prozent einberechnet.
Diese Festlegungen haben gleich mehrere Konsequenzen, die Ihnen in der anstehenden Debatte bewusst sein sollten.
- Die Stellenbewirtschaftung wird so verschärft, dass keine Mehrbedarfsforderungen aus den Ämtern – seien sie begründet oder unbegründet – erfüllt werden können.
- Vielmehr müssen die Geschäftsbereiche in Zusammenarbeit mit dem Personalamt so wirtschaften, dass Stellen flexibel dorthin verlagert werden, wo sie gebraucht werden.
- Jeder Tarifabschluss, der die zwei Prozent übersteigt, bedeutet im Umkehrschluss, dass wir freiwerdende Stellen nicht nachbesetzen können. Sollten sich die Gewerkschaften mit den jetzt geforderten 8 Prozent durchsetzen, entstünden allein Mehrkosten von rd. 30 Mio. Euro in 2025 und rd. 35 Mio. Euro in 2026. Noch drastischer gesagt: Wir müssten rund 350 bis 400 Stellen zeitnah freilenken, also freiwerdende Stellen nicht nachbesetzten.
- Wir werden – durchaus mit externer Unterstützung – unseren Personalbestand und die damit verbundene Aufgabenverteilung untersuchen, kritisch hinterfragen und perspektivisch Umverteilungen vornehmen. Und auch bei dieser Umverteilung muss eines ganz klar gelten: Zuerst die Erfüllung der Pflichtaufgaben, dann alles Weitere.
- Eines will ich aber klar betonen: Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es mein erklärtes Ziel, die Zahl der Ausbildungsplätze konstant zu halten.
Verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
ich will nur auf einen weiteren Bereich gesondert eingehen, da hier auf erschreckende Weise deutlich wird, vor welchen Problemen wir stehen: Die Kinderbetreuung in Kita und Horten.
Im Jahr 2014 hat die Stadt noch 154,8 Millionen Euro für Kindertagesstätten aufgewendet. Heute sind es 245 Millionen Euro. Ich will betonen, dass hier die Elternbeiträge und Zuschüsse des Landes schon abgerechnet sind. Gleichzeitig sinken die Kinderzahlen. Man kann es auch noch plastischer darstellen: Pro Kind mussten 2014 noch 3410 Euro pro Jahr aus dem städtischen Haushalt zugesteuert werden. Heute sind es über 4900 Euro.
Der Kita-Bereich steht dabei beispielhaft für die meisten Politikfelder: Steigende Lohnkosten, steigende Sachkosten – etwa durch die Entwicklung der Energiepreise – und die Folgewirkungen einer anhaltend hohen Inflation. Folgerichtig schlägt der Geschäftsbereich eine erheblich höhere Beteiligung der Eltern vor. Und klar ist auch: Wenn Sie als Stadtrat diesen Schritt nicht gehen wollen, dann muss gleichzeitig klar benannt werden, woher das Geld sonst kommen soll.
Und selbst wenn Sie als Rat dem Vorschlag der Verwaltung folgen sollten, wird die Kita-Finanzierung eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre. Das sogenannte Kita-Moratorium im Freistaat Sachsen wird vom SSG, also letztendlich von allen Kommunen, zu Recht abgelehnt. Obwohl die Kosten für Personal und Betrieb beständig steigen, friert das Land seine Zuschüsse an die Kommunen ein. Und dies unter der Bedingung, dass trotz sinkender Kinderzahlen kein Personal abgebaut werden darf. Eine solche Politik mag den kurzfristigen Applaus von Elternvertretern, Gewerkschaften und Bildungspolitikern einbringen. Eine solche Politik hat aber verheerende Folgen angesichts der finanziellen Gesamtsituation in den Kommunen; Folgen die letztendlich zu Lasten aller anderen Politikfelder gehen. Und schaut man genau hin, fällt folgendes auf: Alle Parteien der sächsischen Regierungskoalition hatten eine Dynamisierung der Landesbeteiligung an den Kita-Kosten in Aussicht gestellt. Passiert ist nichts!
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Haushaltsentwurf stellt bei allen Herausforderungen aber auch sicher, dass wir weiter in unsere kommunale Infrastruktur investieren können und auch müssen. Der Teileinsturz der Carolabrücke hat uns dies leider deutlich vor Augen geführt.
Auch im Investhaushalt haben wir an der grundsätzlichen Linie der vergangenen Jahre keine Veränderungen vorgenommen. Oberste Priorität hat weiterhin die Bildungsinfrastruktur. Hier werden wir bis zum Ende des Planungszeitraums 2029 rund 260 Millionen Euro bereitstellen. Zusätzlich planen wir den Bau des Berufsschulzentrums Elektrotechnik über die STESAD mit etwa 140 Millionen Euro.
Ebenfalls 260 Millionen Euro fließen in den Straßen- und Brückenbau. Das sind trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage gigantische Summen, um die wir durchaus in der kommunalen Gemeinschaft beneidet werden. Fakt ist aber auch, dass in diesen Zahlen nicht unerhebliche Fördermittelerwartungen stecken. Gerade im Schulhausbau darf sich der Freistaat nicht aus seiner Verantwortung verabschieden.
Dieser Haushaltsentwurf stellt auch sicher, dass die notwendigen Investitionen für und im Dresdner Norden getätigt werden können, um den Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stärken und Wirtschaftswachstum damit zu ermöglichen. Beispielhaft seien die 50 Millionen Euro städtischer Anteil am Flusswasserwerk zu nennen, der Ausbau der Königsbrücker Straße oder das bereits genannte BSZ Elektrotechnik. Trotz der angespannten Haushaltslage müssen wir die Fundamente für die weitere wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt legen.
Wir haben in diesem Haushalt versucht sehr genau zu prüfen, ob die Planungen der Ämter auch dem tatsächlichen Mittelabfluss entsprechen. Wie Sie wissen, schiebt die Landeshauptstadt Jahr für Jahr einen riesigen Berg an sogenannten „Budgetresten“ vor sich her. Alleine von 2023 auf 2024 waren es 340 Millionen Euro. In der Konsequenz wurden zahlreiche Projekte innerhalb des Haushaltes zeitlich verschoben. Dies ist einigen Ämtern und Geschäftsbereichen extrem schwergefallen, anscheinend aus dem Gefühl heraus, dass die Politik diese Verschiebung nicht akzeptieren könnte. Ich appelliere aber an Sie als Stadträtinnen und Stadträte hier sehr genau zu überlegen, bevor Investitionsprojekte wieder nach vorne geholt werden. Haushaltsausgabereste in dreistelliger Millionenhöhe können wir nur mit Realismus abbauen.
Die Wahrheit ist auch, dass die Ämter rein organisatorisch nicht unbegrenzt Investitionen tätigen können. Betrachtet man den tatsächlichen Mittelabfluss lagen wir zwischen 230 und 295 Millionen Euro in den vergangenen 5 Jahren. Diese Summe in der Investitionsplanung zu überschreiten, ist Augenwischerei und führt nur zu Frustrationen. Dies gilt im Übrigen für den Schulhausbau genau wie für die Verkehrsinfrastruktur.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Verkehr ist ein wichtiges Stichwort. Wir haben in dieser Haushaltsplanung weiterhin unterstellt, dass die Sachsenenergie bzw. TWD 55 Millionen Euro jährlich zur Finanzierung der Dresdner Verkehrsbetriebe aufbringt. Wir haben sogar unterstellt, dass die Gewinnabführung der SachsenEnergie steigt. Trotzdem stehen wir vor einem erheblichen Finanzierungsproblem im ÖPNV. Ein Problem, welches letztendlich auch für TWD zu einer problematischen Situation führen kann. Dies gilt es in jedem Fall zu verhindern.
Der Grund für das Problem der DVB liegt in der unzureichenden Finanzierung von Angeboten, die durch Bund und Land gemacht wurden. Jährlich sind es bis zu 20 Millionen Euro, die alleine im Deutschlandticket und im Bildungsticket nicht gegenfinanziert werden. So sieht es in der ganzen Republik aus und ich sage Ihnen, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis die ersten Verkehrsbetriebe und Verkehrsverbünde so in finanzielle Schieflage geraten, dass sie kaum noch zu retten sind. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Das bedeutet aber auch, dass die TWD gemeinsam mit der DVB ein Maßnahmenpaket schnüren muss, welches die langfristige Finanzierung des ÖPNV sichert. Gleichzeitig muss dieser Stadtrat sich mit der Frage auseinandersetzen, ob wir im ÖDA weiterhin die gleichen Leistungen bei der DVB bestellen können wie bisher.
Eine ähnliche Situation erleben wir auch bei der Dresdner Bäder GmbH. Und zur Ehrlichkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gehört es auch zu sagen: Wir können uns derzeit keinen Neubau einer Schwimmhalle leisten. Wenn der Stadtrat dies dennoch will, muss auch die entsprechende Finanzierung im städtischen Haushalt abgebildet werden. Die TWD wird dazu nicht in der Lage sein.
Ein weiterer großer Unsicherheitsfaktor, den uns die Bundesregierung beschert, ist der gesamte Bereich der Krankenhausfinanzierung. Unser Zukunftskonzept für das städtische Klinikum steht auf wackeligen Füßen, weil sich Bund und Länder nicht über eine gemeinsame Strategie einigen können. Sollte sich morgen der Bundesrat gegen die Krankenhausreform stellen, würde dies eine monate- wenn nicht jahrelange Hängepartie bedeuten. Die Konsequenz: Keine Planungssicherheit für uns als Träger des Klinikums.
Und zur Wahrheit gehört auch: Wir müssen den Wiederaufbau der Carolabrücke finanzieren. Wir werden trotz angekündigter Unterstützung erhebliche Eigenmittel benötigen, um die wichtigste Innenstadtverbindung über die Elbe zu finanzieren.
Und ja: Dazu müssen wir uns vielleicht von anderen Projekten verabschieden, die dieser Stadtrat gemeinsam mit der Verwaltung beschlossen hat.
Denn anders als einige gerne behaupten, geht es hier nicht um Lieblingsprojekte des Oberbürgermeisters, sondern um Beschlusslagen, die hier mehrheitlich getroffen wurden. Dies betrifft unter anderem die Sanierung des Fernsehturms und die Robotronkantine. Ich habe die zuständigen Ministerien in Land und Bund und den Bundeskanzler angeschrieben und gefragt, inwieweit die Fördermittel hier gegebenenfalls umgewidmet werden können.
Seitens des Freistaates wurde dies mittlerweile abschlägig entschieden. Angesichts der gleichsam leeren Kassen im Land empfinde ich das Festhalten an starren Förderstrukturen als das falsche Signal. Das Geld wird nicht da ausgegeben, wo es gebraucht wird, sondern wo es in die etablierte Bürokratie passt. Angesichts der Herausforderungen, vor denen wir nicht nur in Dresden stehen, wird aber ein „weiter so“ nicht helfen.
Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Bundesgartenschau, die auch hier im Rat einstimmig auf den Weg gebracht wurde. Ja, auch von der Buga könnten wir uns verabschieden. Rostock hat es vorgemacht und bundesweit Kopfschütteln geerntet. Aber ich sage Ihnen eines voraus: Wenn wir dies tun, werden einige sehr wichtige Themen auf der Strecke bleiben. Projekte gegen die Überhitzung der Wohngebiete, die Offenlegung von Gewässern in der Stadt, die Errichtung einer Badestelle am Kiessee Leuben, eine abgesicherte Zukunft der Galopprennbahn und vieles mehr.
Verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
dieses Land befindet sich im Umbruch, vielleicht sogar am Scheideweg. Tagtäglich erreichen mich zahlreiche Briefe, Mails und Petitionen mit Blick auf die nun vorliegende Finanzplanung. Dies reicht von kritischen Statements, über blanken Lobbyismus bis zu echter Sorge und großem Engagement in der Sache. Es gehen aber auch wüste Beschimpfungen und Drohungen ein.
Ich will an dieser Stelle eines klarstellen: Dieser Haushaltsentwurf orientiert sich an Recht und Gesetz. Er bildet zu allererst die Pflichtaufgaben ab und selbst hier bestehen noch Risiken, ob die Mittel ausreichen werden. Niemand im Rathaus – ich am allerwenigsten – hat vorsätzlich die Mittel in Bereichen wie Kultur, Jugend oder der Wohlfahrtspflege eingekürzt, weil wir es für politisch richtig halten. Ich lasse es auch nicht gelten, wenn uns unterstellt wird, wir würden mit diesem Plan nur auf die Bereiche Jugend, Kultur oder Soziales abzielen. Dies ist falsch. Der Haushalt wird nur ausgeglichen sein, wenn auch Einnahmeerhöhungen erzielt werden. Dies haben wir über die Erhöhung der Grundsteuer ab 2027 und die Erhöhung der Parkgebühren ebenfalls abgebildet, um Lasten gleichmäßiger zu verteilen.
Sie als Stadträte, aber auch die Dresdnerinnen und Dresdner fragen sich vielleicht zu recht: Welches Ziel verfolgt dieser Haushaltsentwurf, außer dass er den rechtlichen Vorgaben entspricht? Welches Ziel kann eine solche Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger haben?
Ich versuche es in wenigen Punkten zusammenzufassen:
Erstens: Handlungsfähigkeit erhalten
Ich habe es bereits mehrfach erwähnt, aber es ist auch für mich der zentrale Kern. Wenn wir den Haushalt nicht ausgleichen, oder wenn wir zu keinem gemeinsamen Beschluss kommen, dann geben Sie als Rat ihr Handlungsmandat für diese Stadt auf. Dann gibt die Rechtsaufsicht den Takt vor oder ein Haushaltssicherungskonzept.
Zweitens: Investitionen und Wirtschaftswachstum sichern
Nur mit einer stabilen Einnahme- und Ausgabepolitik können wir die wichtigen Investitionen in die Bildung, den Verkehr und die Wirtschaft absichern. Gerade mit Blick auf unsere künftigen Gewerbesteuereinnahmen sollten wir den Dresdner Norden besonders im Blick haben. Denn nur mit der Gewerbesteuer – egal ob aus dem Handwerk, dem Mittelstand oder den Großansiedlungen – nur mit diesen Einnahmen können wir die Ausgaben von morgen absichern.
Drittens: Für Zukunft vorsorgen
Wir erleben im Augenblick eine Phase, in der das Wirtschaftswachstum nicht ausreicht, um die steigenden Kosten zu decken. Wie lang dies andauern wird, kann niemand vorhersagen. Und seien wir ehrlich: Die globalen Entwicklungen deuten an, dass es noch schlimmer kommen könnte. Wenn wir als Stadt jetzt so weitermachen, als würde uns dies nichts angehen, dann wird uns diese Rechnung irgendwann präsentiert werden. Wahrscheinlich mit dem Haushalt 2027 und 28, vielleicht zwei Jahre später. Doch werden wir dann noch handlungsfähig sein? Dies hängt nicht zuletzt davon ab, wie wir jetzt entscheiden.
Meine Damen und Herren,
ich habe es bereits angedeutet: Dresden ist kein Sonderfall.
Chemnitz hat einen Haushalt eingebracht, der einen solchen Fehlbetrag enthält, dass eine Genehmigung eigentlich unmöglich erscheint. Leipzigs Haushaltsentwurf sieht vor, dass die Verschuldung der Stadt von 1,2 auf die unglaubliche Summe von 1,6 Milliarden Euro ansteigen wird. In den Landkreisen wird die Situation voraussichtlich sogar noch dramatischer werden.
Genau in diesem Augenblick haben wir weder eine handlungs- und durchsetzungsfähige Landesregierung, noch eine arbeitsfähige Bundesregierung. Vielmehr droht der Freistaat sogar damit, den Kompromiss aus dem Sommer über den sächsischen Finanzausgleich aufzukündigen und die Schlüsselzuweisungen weiter abzusenken. Und im Bund wird über die Ausfinanzierung des Deutschlandtickets gestritten anstatt Entscheidungen zu treffen. Und hier geht mein Appell auch ausdrücklich an Sie als Stadträtinnen und Stadträte: Sie haben die Möglichkeit, auf Ihre Landes- und Bundestagsabgeordneten einzuwirken und Sie müssen diese Möglichkeit nutzen. Wir tun dies als Verwaltung bereits seit Monaten über den Deutschen und den Sächsischen Städtetag. Leider scheinen aber die Nöte der kommunalen Gemeinschaft derzeit keine hohe Priorität zu genießen, was im krassen Gegensatz zu den Aussagen des Bundeskanzlers steht, die ich bereits benannt habe.
Wir können in Dresden stolz darauf sein, in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet zu haben:
- Dresden ist im Kernhaushalt nach wie vor schuldenfrei
- unsere Steuereinnahmen wachsen trotz schwacher Konjunktur
- wir verfügen über hohe Standards in zahlreichen Politikfeldern von der Kultur bis zur Jugendhilfe
- wir können Investitionen im dreistelligen Millionenbereich stemmen.
- Unsere städtischen Unternehmen investieren sogar noch deutlich mehr in die Infrastruktur der Zukunft
Dennoch stehen wir vor den schwierigsten Haushaltsberatungen der vergangenen 20 Jahre.
Ich habe schon während der Erstellung des Haushaltes mit allen Fraktionen des Rates gesprochen und die Probleme deutlich skizziert. Dabei ist klar geworden, dass es zahlreiche Schnittmengen, aber auch zahlreiche rote Linien gibt, die Sie nicht überschreiten wollen. Tatsache ist aber, dass wir letztendlich eine Mehrheit in diesem Rat finden müssen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verabschieden. Ich wiederhole mich: Wir müssen handlungsfähig bleiben! Ein langer Zeitraum ohne beschlossen Haushalt kann nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Vereine und Verbände sein, die von unseren Förderungen abhängig sind. Gleichzeitig hängen dringend benötigte Investitionen in der Luft, wenn wir hier nicht zu einer Einigung kommen. Aus diesem Grund haben wir Ihnen einen ambitionierten Zeitplan mit Beschlussfassung am 12. Februar vorgeschlagen.
Und ich bleibe bei meinem Angebot: Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen suchen. Lassen Sie uns gemeinsam beraten, wo und an welchen Stellen Änderungen erforderlich sind und wo Prioritäten verschoben werden müssen.
Gerade in einem Stadtrat mit so vielen unterschiedlichen politischen Positionen wird dies viel Kraft erfordern. Die wünsche ich uns allen.
Zu guter Letzt will ich den Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern, aber vor allem der Stadtkämmerei danken, die diesen Haushaltsentwurf trotz so schwieriger Bedingungen erstellt haben. Mein ganz besonderer Dank gilt dabei der Leiterin des Amtes und der Fachbediensteten für das Finanzwesen, Frau Cornelia Möckel. Dies wird nun ihr letzter Haushaltsplan vor ihrem Ruhestand – und wahrscheinlich ist es der komplizierteste gewesen. Danke für Ihre jahrelange Treue und loyale Unterstützung der Verwaltung und dem Rat gegenüber.
Vielen Dank.