3. Runder Tisch Soziales Wohnen

Bedarfsgerechtes Wohnen umfasst das Vorhandensein einer bezahlbaren Wohnung mit bedarfsgerechter Ausstattung, Größe und Lage. In unterschiedlichem Umfang kann auch eine Unterstützung beim Wohnen erforderlich sein, z. B. hinsichtlich finanzieller Unterstützung bei den Mietkosten, Beratung und Unterstützung bei Wohnungssuche, Wohnungserhalt und Wohnungsanpassung. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Wohnunterstützung auf Quartiersebene.

Folgende Ziele werden für die Sicherung eines bedarfsgerechten Wohnens vorgeschlagen. Eine wesentliche Voraussetzung für das bedarfsgerechte Wohnen ist eine bezahlbare Wohnung. Vorgeschlagen wird, bezahlbares Wohnen für Haushalte mit geringen Einkommen anhand der Wohnkostenbelastung zu definieren. Welche Wohnkostenbelastung als zumutbar angesehen wird, ist eine normative Entscheidung.

Als Haushalte, die beim Wohnen zu unterstützen sind, werden die Haushalte in den vom Freistaat Sachsen festgelegten Einkommensgrenzen für den Erhalt eines Wohnberechtigungsscheins bestimmt. In Abhängigkeit davon, ob die Bruttowarmmiete dieser WBS-berechtigten Haushalte 40 % oder 30 % des Nettoeinkommens nicht übersteigen soll, wurde ein Fehlbedarf zwischen 8.500 und 15.700 bezahlbaren Wohnungen ermittelt.

Es wurde deutlich, dass die bereits zum Einsatz kommenden Instrumente zum Ausbau des Angebots an bezahlbaren Wohnungen, die Gründung des kommunalen Wohnungsunternehmens, das kooperative Baulandmodell und die bisher durch die Wohnungsbauförderung unterstützten Vorhaben, den Bedarf in den nächsten Jahren mit dem Neubau von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen nicht decken können.

Das Wohnungsunternehmen Deutsche Wohnen hat auf die insbesondere in Berlin zunehmende Verunsicherung der MieterInnen hinsichtlich außergewöhnlicher Mietpreissteigerungen am Wohnungsmarkt reagiert und ein Versprechen an ihre MieterInnen formuliert. Dieses richtet sich vor allem an Haushalte mit geringem Einkommen und beinhaltet Mietpreisbeschränkungen bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB sowie nach Modernisierung in Abhängigkeit von der daraus resultierenden Wohnkostenbelastung.

Nachfragen bezogen sich auf die praktische Umsetzung des Versprechens: Die Haushalte bekommen die Informationen zum Mieterversprechen mit der Mieterhöhungs- bzw. Modernisierungsankündigung zugesandt und werden aufgefordert, bei Bedarf eine entsprechende Rückmeldung zu geben. Danach werden im Einzelfall die erforderlichen Belege und Nachweise von den MieterInnen angefordert.

Von den Vertretern der Deutschen Wohnen wurde betont, dass bei der Vermietung von Wohnungen großer Wert auf den Erhalt einer sozialen Mischung in den Gebäuden und Quartieren gelegt wird.

Im Berliner Projekt Housing First wird modellhaft ein neues Paradigma in der Versorgung wohnungsloser Haushalte erprobt. Im Unterschied zum üblichen Vorgehen in der Wohnungsnotfallhilfe – Unterbringung in öffentlichen Einrichtungen, sozialpädagogische Unterstützungs- und Beratungsangebote, Trainingswohnen in einer Gewährleistungswohnung – wird den wohnungslosen Haushalten von  Housing First zuerst eine Wohnung vermittelt, für die diese einen Mietvertrag abschließen können. Mit Mietvertragsabschluss setzen dann umfangreiche sozialarbeiterische Unterstützungen ein. In der Zwischenbilanz kann Housing First darauf verweisen, dass die Erwartungen an das Projekt in Berlin bisher übererfüllt wurden.

Auf Nachfragen stellten die Vertreter von Housing First noch einmal klar, dass sie Wohnungen vermitteln, nicht anmieten. Es wird ein Mietvertrag zwischen Vermieter und Mieter geschlossen. Dem Vermieter wird die umfassende Unterstützung des Mieters bei allen auftretenden Problemen zugesichert, Housing First ist dabei auch ein Ansprechpartner für den Vermieter.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Suche nach Wohnungen zur Vermittlung ist die Vermeidung von Konzentration wohnungsloser Haushalte in einem Quartier oder Wohngebäude.

Am Arbeitstisch 1 wurde nach Möglichkeiten gesucht, bezahlbare Wohnungen aus dem Wohnungsbestand in Dresden zur Versorgung von Haushalten mit geringem Einkommen zu gewinnen.

Betrachtet wurden die Möglichkeiten:
Begründung von Belegungsrechten zugunsten der Landeshauptstadt Dresden
Vermietung direkt an bedürftige Haushalte (vgl. Housing First).

Die Diskussion wurde anhand von drei Fragestellungen geführt:

Welche Hinderungsgründe bzw. Vorbehalte sehen Wohnungsanbieter, Belegungsrechte einzuräumen?

• das Geschäftsmodell des Wohnungsunternehmens sieht Mitbestimmung der Mitglieder bzw. Mieter vor,
• das unternehmerische Risiko wird als hoch angesehen, Mietschulden, fehlende Mitwirkung des Mieters sowie eine fehlende soziale Begleitung bei der Umsetzung wohnunterstützender Maßnahmen werden befürchtet,
• vermutet wird die Gefährdung des sozialen Klimas in der Mieterschaft bei Vermietung an Haushalte mit besonderen Verhaltensauffälligkeiten,
• bei Begründung von Belegungsrechten werden bürokratische Hürden und der Mangel an Flexibilität gesehen.

Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, damit Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt werden?

• Betreuung der Haushalte mit Bedarf an wohnunterstützenden Angeboten,
• Leistungsbezug (Mietzahlung) muss gesichert sein,
• Sicherheiten (Versicherungen zum Zweck der Schadensregulierung) sollten vorliegen,
• es soll eine flexible Vermietung möglich sein, Belegungsrechte mit langen Bindungsfristen bieten diese nicht,
• es wird ein fester Ansprechpartner in der Verwaltung im Sinne einer Vertrauensperson gewünscht.

Welche Lösungsansätze  lassen sich ableiten?

• Bereitstellung von Belegungsrechten fördern (finanzielle und personenbegleitende Ansätze)
• Belegungsrechte flexibel gestalten (z.B. für bestimmte Personengruppen, Einräumung von Kontingenten /Quoten),
• Konzeptionierung eines Housing First Ansatzes für Dresden.

Am Arbeitstisch zum Thema Wohnungstausch wurde das Problem aufgeworfen, dass ältere alleinlebende Personen in großen Wohnungen gern in kleinere Wohnungen umziehen würden, dies aber unterlassen, da die Neuanmietung einer kleineren Wohnung in der Regel nicht mit geringeren, sondern oft mit höheren Wohnkosten verbunden ist. Entsprechend wird dadurch keine große Wohnung frei, die von einer jungen Familie bezogen werden könnte.

Am Tisch wird die Frage diskutiert, ob der direkte Wohnungstausch eine Lösung dieses Problems bietet.
Zunächst wird kurz auf andere Städte mit Programmen zum Wohnungstausch verwiesen: in mehreren Städten und Regionen gibt Programme, mit denen Wohnungsunternehmen mit folgenden Instrumenten den Auszug aus einer größeren Wohnung unterstützen:

• Beteiligung an den Umzugskosten oder
• Mitnahme der alten Quadratmetermiete oder
• die neue Miete liegt unterhalb des Mietspiegelniveaus.

In einigen Städten bestehen Wohnungstauschplattformen (z. B. Berlin) oder werden vorbereitet (z. B. Potsdam).

Alle Ansätze beschränken sich immer auf Wohnungen eines Wohnungsunternehmens.

Wie ist der Bedarf für einen Wohnungsfreizug durch ältere Haushalte in Dresden einzuschätzen? In Dresden wohnen ca. 4 % der alleinlebenden Personen über 60 Jahren, die zur Miete wohnen, in Wohnungen mit 4 und mehr Räumen. Nur ein Teil dieser Haushalte wiederum wünscht tatsächlich umzuziehen, in der Regel entstehen Umzugswünsche erst beim unmittelbaren Erfordernis für eine altengerechte, barrierefreie Wohnung.

Ein direkter Wohnungstausch wird nicht als praktikable Lösung für das beschriebene Problem angesehen. Folgende Gründe sprechen dagegen:

• Das Matching (zwei Parteien mit Wohnungen, die jeweils gegenseitig passend hinsichtlich Größe, Lage, Ausstattung sind) ist äußerst schwierig und kann nur bei Vermietern mit sehr großen Wohnungsbeständen eventuell zustande kommen.
• Beim direkten Tausch sind keine Sanierungsmaßnahmen möglich, es sei denn, mindestens eine weitere Wohnung steht als Zwischenstation für diesen Zeitraum zur Verfügung.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es stattdessen?
Von größeren Wohnungsunternehmen (Vonovia, Genossenschaften) werden im Einzelfall Möglichkeiten gefunden, wenn ältere Haushalte kleinere bezahlbare Wohnungen suchen.
Unternehmen könnten Anreize bieten, um zum Auszug aus der großen Wohnung zu motivieren (Umzugshilfen, Wohnungsangebote,…).
Insbesondere bei anstehenden Modernisierungsmaßnahmen bietet sich zum Vorteil für Mieter und Vermieter ein Gesamtpaket an: Umzugshilfen, Angebot neuer kleiner Wohnung, Mietpreisgestaltung. 

Am dritten Arbeitstisch wurde zusammengetragen, welche Angebote der Wohnunterstützung es in Dresden bereits gibt und welche noch gewünscht werden. Unterschieden wurde dabei nach individuellen Unterstützungsangeboten und Angeboten auf Quartiersebene.