Das Amt war bis 1990 in der Regel eine Einrichtung der sächsischen Polizei. Die Hauptaufgaben des Amtes bestanden wie bei seiner Gründung in der Registrierung der Dresdner Einwohner (Meldepflicht) sowie der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für Ausländer. Später kam die Erteilung von Personalausweisen und Reisepässen dazu.
Die vom Einwohneramt gesammelten Personendaten dienten natürlich auch in der damaligen Zeit bereits kommunalen und anderen staatlichen Belangen. So waren und sind sie Grundlage für die Stadtplanung, der Sicherung der Schulpflicht, Grundlage für die Wehrerfassung sowie Wahlen und vieles andere mehr. Die für das Einwohnerwesen zuständigen Gesetze und Verordnungen entsprechen dem damaligen Staatsverständnis. Sie waren jedoch bis 1933 parlamentarisch legitimiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung die Tätigkeit der Einwohnerämter bis dahin für Kommune und Staat als erforderlich ansah.
Leider wurde das Einwohnerwesen sowohl in der Zeit des Nationalsozialismus als auch während des so genannten realen Sozialismus den totalitären Zielen der jeweiligen Staatsmacht vollständig untergeordnet. So begann man 1939 eine »Volkskartei« anzulegen, in der neben den üblichen Meldedaten zusätzliche Angaben gespeichert wurden, die der Überwachung der Bevölkerung und der Kriegsvorbereitung dienten. In dieser Kartei wurden die Juden gesondert gekennzeichnet. Mit welcher verbrecherischer Zielsetzung ist bekannt. Informanten für die Meldebehörden waren auch Parteigenossen der NSDAP, Lehrer und »Blockwarte». Die jüdischen Religionsgemeinschaften wurden gezwungen dabei mitzuwirken.
Mit Gründung der DDR 1949 und der anschließenden Bildung und Vervollkommnung des Staatssicherheitsdienstes wiederholte sich so manches aus der Nazizeit - unter anderen Vorzeichen. Bei den Volkspolizeikreisämtern entstanden Kreismeldekarteien. Die dort geführten Karteikarten enthielten die von den jeweiligen Meldestellen erhobenen Meldedaten.
Darüber hinaus wurden z. B. Daten gespeichert über Reisen in das Ausland, Haftzeiten und -orte, Mitgliedschaft in der Kampfgruppe, freiwillige Helfer der VP, versuchte oder gelungene Republikflucht, K- und F-Vermerke (kriminell, Fahndung) und vieles andere mehr. Die Tätigkeit des Meldewesens wurde damit eindeutig u. a. eine Tätigkeit im Vorfeld der Staatssicherheit. Hierfür spricht auch die festgestellte personelle Verquickung zwischen beiden »Organen«.
Das Meldewesen in der DDR hatte allerdings auch eine Schlüsselfunktion bei der Verwaltungsautomatisierung. Mit der Einführung der Personenkennzahl (PKZ) Anfang der sechzigerJahre hatte man ein eindeutiges Identifikations- und Ordnungsmerkmal für jeden Bürger geschaffen. Das erleichterte den Informationsaustausch bei den Datenübermittlungen zwischen den verschiedensten Behörden.
Dazu gehörte, dass 1984 in Berlin beim Ministerium des Innern eine »Personendatenbank« (später Zentrales Einwohnerregister) geschaffen wurde. Hier waren die Daten aller Einwohner der DDR gespeichert. Die Kreismeldekarteien waren verpflichtet, die Daten des Zentralen Einwohnerregisters stets zu aktualisieren. Parallel dazu gab es noch bei den Räten der Bezirke s. g. »Einwohnerdatenspeicher« (EDS), die eine Untermenge an Daten der Einwohner des jeweiligen Bezirks enthielten. Informationsquelle hierfür war wiederum das Zentrale Einwohnerregister Berlin.
Die Bürger der DDR waren »gläserne Bürger«. Sie hatten zu unterschiedlichsten Zeitpunkten an den verschiedensten Stellen ihre Personendaten zu offenbaren. So mussten in den Wohnhäusern sogenannte » Hausbücher« geführt werden. In ihnen wurden die Personalien der Bewohner festgehalten. Sogar Besucher aus der Bundesrepublik und anderen Ländern waren einzutragen. Die Hausbucheintragungen wurden von der Volkspolizei regelmäßig kontrolliert. Der »Hausbuchverantwortliche« hatte Einblick in die persönlichen Daten aller Hausbewohner.
Zwischen den staatlichen Stellen, Institutionen und Betrieben fand ein reger Datenaustausch statt. Gesetzliche Regelungen dazu gab es nicht oder diese waren nicht bekannt. Zur Klarstellung ist allerdings zu sagen, dass der Umfang derjenigen Daten, die von den Meldestellen beim Bürger direkt erhoben wurden sich kaum von den Meldedaten unterscheidet, die auch heute erfasst werden. Das perverse an der Situation war die »Sammelwut« der verschiedensten anderen staatlichen Stellen.
Die Meldestellen der DDR hatten einen schlechten Ruf bei der Bevölkerung. Bürger die in der Bundesrepublik oder in das »kapitalistische« Ausland reisen wollten, hatten ihre Anträge in den Meldestellen abzugeben und erhielten von dort auch ihre Absagen. Die Mitarbeiter in den Meldestellen wurden damit mehr oder weniger zu willfähigen Handlagern des »allwissenden« und »allmächtigen« Staates.
Die Entscheidungsbefugnisse zur Genehmigung von Reisen in die damalige Bundesrepublik und in das »kapitalistische Ausland« hatten allerdings nicht die Meldestellen, sondern sogenannte » Reiseoffiziere« der Volkspolizei und der Staatssicherheitsdienst.
Bürger aus der Bundesrepublik die in die damalige DDR reisen durften, hatten sich in den Meldestellen innerhalb von 24 Stunden anzumelden. Viele Jahre herrschte in den Meldestellen bei diesen Vorgängen ein rüder Ton, sodass die damaligen Bundesbürger die Meldestellen mit unguten Gefühlen aufsuchten. Erfreulicherweise besserte sich in den letzten Jahren vor der Wende die Behandlung der Besucher aus dem Westen.
Höhepunkt der Tätigkeit der polizeilichen Meldestellen zum Ende der DDR 1989/1990 war zweifelsohne die Annahme der Flut von Ausreise- und Besuchsanträgen in Richtung Bundesrepublik. Auch für die Mitarbeiter der Meldestellen wurde die Situation problematisch, da sie nunmehr selbst hinsichtlich der von ihnen erwarteten Staatstreue verunsichert waren. Die von den zuständigen obersten Behörden ausgegebenen internen Dienstanweisungen änderten sich fast täglich.
Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 wurde das polizeiliche Meldewesen und das Ausländerwesen in die Hände der Kommunen gegeben.