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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2024/11/pm_078.php 27.11.2024 15:37:43 Uhr 27.11.2024 18:30:55 Uhr

Dresdens ältestes Relikt jüdischer Geschichte entdeckt

Stadtarchiv Dresden verwahrt Pergament zum Auszug des Volkes Israel aus Ägypten
Fragment einer hebräischen Pergamenthandschrift des 13. Jahrhunderts

Im Zuge wissenschaftlicher Untersuchungen der Bestände des historischen Ratsarchivs entdeckte ein Mitarbeiter des Stadtarchivs, Elisabeth-Boer-Straße 1, in einem Akteneinband des 17. Jahrhunderts ein hebräisches Handschriftenfragment, dessen Ursprung und Inhalt inzwischen entschlüsselt werden konnte: Der Kommentar (Midrash) des jüdischen Gelehrten Menahem Ben Shlomo zum Auszug des Volkes Israel aus Ägypten entstand 1139 im hochmittelalterlichen Rom und gelangte in einer Abschrift des 13. Jahrhunderts nach Dresden.

Das gefundene Schriftfragment bezieht sich auf das alttestamentliche Buch Exodus. Es zählt zu den gemeinsamen Urtexten der jüdischen und der christlichen Religion. Das Nachdenken über diesen Text prägte im Verlauf der Jahrhunderte unter anderem unsere kulturellen Deutungen von Flucht- und Migrationsbewegungen.

Das Pergament wurde aufgrund seines hohen Materialwertes um 1620 buchbinderisch recycelt und zu einem Einband für städtische Gerichtsprotokolle verarbeitet. Die seltene Quelle, von der weltweit nur zwei Manuskripte erhalten sind, verweist auf die mittelalterlichen Anfänge der jüdischen Gemeinde Dresdens, welche bereits um 1265 existierte und in der Dresdner Altstadt bis 1411 eine größere Synagoge mit Schule unterhielt. Ob die Pergamenthandschrift im Kontext von Vertreibungen und Enteignungen an einen Buchbinder gelangte, gehandelt wurde oder bis zur Reformation im Bestand einer klösterlichen Bibliothek in der Stadt überdauerte, darüber können bisher nur Vermutungen angestellt werden. 

Die durch Dr. Stefan Dornheim geleiteten wissenschaftlichen Untersuchungen am Stadtarchiv Dresden wurden durch den namhaften Judaisten, Theologen und Handschriftenspezialisten Prof. Dr. Andreas Lehnardt von der Universität Mainz fachkundig unterstützt. Mitte November wurde der besondere Fund im Rahmen eines historischen Vortragsabends erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine digitale Publikation des erschlossenen hebräischen Fragments in entsprechenden Forschungsdatenbanken ist in Vorbereitung.