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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2024/06/pm_050.php 14.06.2024 13:18:36 Uhr 17.07.2024 21:42:31 Uhr

Rede des Oberbürgermeisters Dirk Hilbert beim Stadtrat am 13. Juni 2024

Rede des Oberbürgermeisters Dirk Hilbert zur Stadtratssitzung am Donnerstag, 13. Juni 2024, 16 Uhr im Plenarsaal im Rathaus

Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,

80 Stadtratssitzungen, 793 Sitzungen von Ausschüssen – die Beiratssitzungen nicht mitgerechnet -, 2910 Vorlagen der Verwaltung und 616 Anträge der Fraktionen, 3968 schriftliche Anfragen und 236 mündliche.

Das sind die nackten Zahlen der vergangenen fünf Jahre, die Zahlen einer bewegten Wahlperiode, die mit der heutigen Sitzung endet. Was sie nicht ausdrücken, ist das inhaltliche Ergebnis der Arbeit dieses Gremiums. Die Frage, ob die Arbeit des Stadtrates erfolgreich war, wird jeder von Ihnen aus seiner ganz persönlichen Perspektive beantworten.

Fakt ist aber, dass diese Wahlperiode, wie kaum eine andere zuvor, von globalen Krisen beeinflusst wurde. Dies gilt für die Corona-Pandemie genauso wie für den Ukraine-Krieg und der damit verbundene Strom von Kriegsflüchtlingen. Gleichzeitig hat uns die Energiekrise unsere Abhängigkeit von globalen Märkten verdeutlicht. Diese Ereignisse haben nicht nur unseren Alltag bestimmt, sie haben sich auch direkt und indirekt auf die Stadt Dresden, die Arbeit von Verwaltung und Rat ausgewirkt.

Im Rückspiegel betrachtet ist es uns gelungen, Dresden gut durch diese Zeit zu navigieren. Damit will ich nicht leugnen, dass nicht auch Fehler passiert sind. Die Einschränkungen von Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger durch alle staatlichen Organe ist nur ein Beispiel. Aber im Kern bleibt festzuhalten: Die Handlungsfähigkeit der Verwaltung bei gleichzeitiger Richtlinienkompetenz und Kontrolle durch den Stadtrat war in den vergangenen Jahren immer gewährleistet. Das mag trocken und schnöde klingen, ist aber ein unverzichtbarer Erfolg unserer gemeinsamen Zusammenarbeit. Alleine die kurzfristige Unterbringung von tausenden von Ukrainerinnen und Ukrainern, die Versorgung der zumeist Frauen und Kinder und letztendlich die Integration in unsere Stadtgesellschaft – dies alles wäre ohne einen hohen Grad an Kooperation, Leistungsbereitschaft und Realitätssinn sowohl auf Seiten der Verwaltung als auch des Stadtrates nicht möglich gewesen!

Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

aber diese globalen Ereignisse sind ja nur ein Teil der letzten fünf Jahre. Hinter den über 3.500 Entscheidungen, die der Rat getroffen hat, verstecken sich zahlreiche große und kleine Meilensteine. Es wurden wichtige Investitionen in Bildung und Infrastruktur auf den Weg gebracht, der Klimaschutz hat durch zahlreiche Beschlüsse eine völlig neue Bedeutung erlangt, die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wurde vorangetrieben. Der Rückkauf von Wohnungen der Vonovia, der Beschluss zum Flusswasserwerk, die Ansiedlung von TSMC sowie die Erweiterung von Infineon, die Bewerbung um die Bundesgartenschau 2033 – dies sind nur Schlaglichter der letzten Monate, an denen der Rat entscheidend mitgewirkt hat.

Jeder von Ihnen hat einen beträchtlichen Teil seiner privaten Zeit für die Arbeit in Fraktion und Gremien aufgewendet. Dieses Engagement ist kein Hobby, keine Freizeitbeschäftigung. Es ist ein Dienst an der Allgemeinheit und dieser Stadt. Dieser Dienst wäre nicht möglich, wenn nicht andere Menschen Ihnen als Stadträtinnen und Stadträte dafür den Rücken freihalten würden. Deshalb gilt mein Dank an dieser Stelle einmal den Familien, in denen Sie leben, den Kindern, die auf ihre Mütter und Väter verzichten, den Lebenspartnern und Freunden: Ihnen allen gilt heute zuerst mein herzlicher Dank!

Meine Damen und Herren,

und obwohl der Stadtrat kein Parlament, sondern ein Teil der Verwaltung ist, so bewegen wir uns doch in einem hochpolitischen Umfeld. Und so ist es ganz normal, dass die Arbeit im Rat auch von Konflikten geprägt ist. Dies war auch in den vergangenen fünf Jahren der Fall. Spannend ist, dass diese Konflikte sowohl in unserer eigenen Wahrnehmung als auch in der Öffentlichkeit das zentrale Bild des Stadtrates bestimmen. Es gibt aber auch eine andere Wahrheit, die viel zu oft vergessen wird: Die übergroße Zahl aller Beschlüsse, die der Rat gefällt hat, sind mit großen Mehrheiten und ohne große Konfrontation gefällt worden. Insbesondere bei Vorlagen der Verwaltung gibt es ein konstruktives Zusammenspiel zwischen den Fachbereichen und den Ausschussmitgliedern, die fast immer in einer breiten Zustimmung hier im Rat mündet. Das Ergebnis fachlicher Arbeit und sachlicher Auseinandersetzung ist aber leider oft zu unspektakulär, um eine breite Wahrnehmung zu erreichen.

Tatsache ist aber auch, dass der Dresdner Stadtrat die politischen Entwicklungen in unserem gesamten Land widerspiegelt. Das Ergebnis vom vergangenen Sonntag zeigt deutlich, dass sich die Wählerinnen und Wähler für mehr Vielfalt und eine größere Bandbreite an politischen Parteien und Wählervereinigungen entschieden haben. Und die Kommentatoren waren sich ja auch über die Schlagworte schnell einig: Chaotisch, Unregierbar, Gespalten.

Ich halte diese schnellen Urteile für den falschen Denkansatz. Der Wähler hat zwar seine Vertreterinnen und Vertreter in den Rat entsandt, der Wähler hat aber nicht gesagt: Streitet Euch, findet keine Kompromisse, beharrt auf eurer Meinung. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns nicht nur Kompetenz und Engagement, sondern auch die Fähigkeit, im Sinne des Gemeinwohls zusammenzuarbeiten.

Kooperation bedeutet dabei nicht, dass wir unsere Überzeugungen aufgeben oder Unterschiede ignorieren. Vielmehr bedeutet es, dass wir diese Unterschiede anerkennen und sie als Grundlage für einen konstruktiven Dialog nutzen. Das wird für alle sicherlich nicht einfach, aber möglich ist es.

Und gestatten Sie mir an diese Stelle einen weiteren Blick zurück aber auch in die kommenden Monate und Jahre. Der Verkauf städtischer Wohnungen im Jahr 2006 war der Auftakt zu einem riesigen Investitionsprogramm für die Stadt. Dies werden nicht einmal diejenigen abstreiten können, die damals gegen den Verkauf waren. Wir haben die Möglichkeit gehabt, Milliarden in Bildung, Verkehr, Sport und Wirtschaft zu investieren, und zwar ohne den nächsten Generationen einen riesigen Schuldenberg zu hinterlassen, wie es andere Kommunen tun mussten.

Zahlreiche gute und hohe Standards in den Bereichen Kultur, Kinder und Jugend sowie Soziales verdanken wir der Tatsache, dass Dresden keine Schulden zu tilgen hatte und gleichzeitig die lokale Wirtschaft zu einer tragenden Säule unserer Haushaltseinnahmen geworden ist. Trotz zahlreicher globaler Krisen - einige hatte ich bereits genannt – konnte auch dieser Rat so manche Wohltat in einem ganz positiven Sinn für die Menschen dieser Stadt verteilen.

Die Realität, mit der sich der Rat in der kommenden Wahlperiode auseinander zu setzen hat, lautet: Die Zeiten sprudelnder Einnahmen von Bund und Land sind erst einmal vorbei. Wir hatten ja bereits im Finanzausschuss ausführlich zu fehlenden Schlüsselzuweisungen berichtet. Hinzu kommt, dass die Städte und Gemeinden immer mehr Aufgaben zu stemmen haben, die nur unzureichend ausfinanziert sind. An anderen Stellen schränken uns Beschlüsse des Bundes in unserer Handlungsfreiheit massiv ein – als Stichwort will ich nur das Deutschlandticket benennen. Hohe Tarifabschlüsse tun ihr übriges. Für die zahlreichen Einzelthemen gibt es oftmals durchaus gute Gründe – auch hier ist das Deutschlandticket ein gutes Beispiel. In der Summe sind die Konsequenzen für die kommunale Gemeinschaft aber verheerend.

Für Dresden bedeutet das ganz konkret, dass der nächste Doppelhaushalt nicht ohne Einsparungen in vielen Politikfeldern auskommen wird.

Damit einher gehen Einschnitte auch innerhalb der Verwaltung, ohne die ein ausgeglichener Haushalt nicht zu erreichen ist. Ich sage dies ganz bewusst in Richtung der 36 Stadträtinnen und Stadträte, die auch in den kommenden fünf Jahren die Geschicke in diesem Haus mit lenken werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

genug von Zukunftsmusik, wir haben jetzt noch einmal eine arbeitsintensive Doppelsitzung vor uns. Aber ich will es mir nicht nehmen lassen, an dieser Stelle ausdrücklich und im Namen der Stadt Dresden denjenigen zu danken, die mit dem Ende der Wahlperiode aus dem Stadtrat ausscheiden. Sie haben mit Ihrem Engagement und Einsatz zum Wohl dieser Stadt beigetragen. Vielen Dank dafür!

Ich habe mit Blick auf unsere Tagesordnung, die Lange Nacht der Wissenschaft und nicht zuletzt dem Eröffnungsspiel der Europameisterschaft, bewusst darauf verzichtet, Sie alle noch einmal so einzuladen, wie Sie es verdient hätten. Stattdessen wird es nach den Sommerferien einen sehr guten Anlass geben. Zur feierlichen Eröffnung des Heinz-Steyer-Stadions werden wir Sie – den aktuellen Stadtrat – genauso einladen, wie die künftigen Stadträtinnen und Stadträte. Ich denke, dass ist eine hervorragende Gelegenheit, über die vergangenen Jahre zu sprechen und auf neue Herausforderungen zu blicken.

Gestatten Sie mir trotzdem heute drei Personen an dieser Stelle besonders zu würdigen. Alle drei sind – verzeihen Sie mir den Ausdruck – echte Urgesteine der Dresdner Kommunalpolitik. Ich beginne mit der Dame:

Liebe Christiane Fillius-Jehne,

Sie sind seit 2004 Teil der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und davon viele Jahre auch an deren Spitze. Wir haben Sie immer als eine kämpferische Politikerin für Ihre Herzenssache erlebt: Die Kultur. Gleichzeitig waren Sie aber gerade als Sprecherin daran interessiert, den Kontakt zur Verwaltungsspitze und den anderen Fraktionen nicht abreißen zu lassen. Ich glaube, wir werden Sie vermissen und ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie uns nicht vermissen. Vielen Dank.

Noch länger im Stadtrat, nämlich seit dem vergangenen Jahrtausend, sind Sie, Herr Matthies in diesem Gremium. Ich glaube, es gab niemanden in diesem Haus und nur wenige in der Verwaltung, die Ihnen bei Fragen der Geschäftsordnung oder Hauptsatzung das Wasser reichen konnten. Und Sie waren, und dass meine ich ausdrücklich nicht negativ, ein sehr einflussreicher Strippenzieher im Dienste Ihrer Fraktion. Vielen Dank für Ihren Einsatz!

Ebenfalls seit 1999 dabei ist Stadtrat Franz-Josef Fischer, ein Kommunalpolitiker der ganz alten Schule: Ohne Ideologie, den Menschen seines Wahlkreises verpflichtet und mit dem nötigen Humor, der uns manchmal hier fehlt. Seine pragmatischen Wortbeiträge werden uns fehlen. Klotzsche verliert mit ihm einen wirklichen Kämpfer für den Stadtteil. Ich wünsche ihm, dass er die Zeit ohne Stadtrat genießen kann, heute fängt er schon damit an und ich grüße ihn herzlich von hier.