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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/12/pm_042.php 18.12.2023 16:43:09 Uhr 25.08.2024 04:20:43 Uhr

„Katastrophale Lage auf dem Wohnungsmarkt“

Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann fordert die Landesregierung zum Handeln auf

Die Lage am Dresdner Wohnungsmarkt spitzt sich immer weiter zu, während sich zeitgleich die Konjunkturaussichten des Baugewerbes eintrüben. Dresdens Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann fordert von der sächsischen Landesregierung ein Ende des Stillstands im sozialen Wohnungsbau:

„Die Lage ist katastrophal: Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen ist konstant hoch, aber es kommen kaum neue Angebote dazu. Das Mismatch aus Nachfrage und Angebot treibt die im sächsischen Vergleich ohnehin schon teuren Dresdner Mieten weiter in die Höhe. Für Haushalte mit geringem Einkommen wird es immer schwieriger, eine leistbare Wohnung in der Großstadt zu finden. Im ärgsten Fall werden sie aus der Stadt gedrängt. Verschärfend kommt hinzu, dass das Baugewerbe ins Straucheln gerät“. 
Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann

An die Landesregierung hat die Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen eine klare Forderung: „Notwendig wäre jetzt ein Booster für den sozialen Wohnungsbau. Doch der bleibt in Sachsen bislang aus. Hauptursache dafür ist das Zögern der Landesregierung. Sie hat die staatliche Richtlinie für den gebundenen Mietwohnraum noch immer nicht novelliert. Dabei ist Wohnungsbau ganz klar Ländersache.“ 

Angemessenes Wohnen ist sogar ein Staatsziel in Sachsens Verfassung. Mit der Richtlinie hält die Staatsregierung selbst ein wesentliches Steuerungsinstrument für sozialen Wohnungsneubau in der Hand. Dieses brauche jetzt dringend ein Update. Die Förderung müsse auf die gestiegenen und weiter steigenden Kosten reagieren. Kaufmann: „Der Zuschuss muss so weit angehoben werden, dass die Wohnungsbauunternehmen Sozialwohnungen wieder nachhaltig errichten können. Auch zinsfreie Darlehen sind eine Option. Außerdem braucht sozialer Wohnungsbau eine klare Priorität im Staatshaushalt. Es ist wie in der Musik – nur wenn Instrumente richtig gestimmt sind, entfalten sie ihren harmonischen Klang.“ 

Seit 2013 gilt der Wohnungsmarkt in Sachsens Landeshauptstadt als angespannt. Das bedeutet: Die Nachfrage nach günstigen, leistbaren Wohnungen übersteigt das Angebot deutlich. Im Jahr 2022 sind die Bestandsmieten durchschnittlich um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der strukturelle Wohnungsleerstand lag bei 2,9 Prozent. Basierend auf Daten der Kommunalen Bürgerumfrage 2022 haben insgesamt 66.500 Dresdner Mieterhaushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auf eine Sozialwohnung. Das entspricht einem Anteil von 22 Prozent aller Haushalte bzw. 27 Prozent aller Mieterhaushalte in Dresden. Darin enthalten sind auch die etwa 20.000 Dresdner Haushalte, die Bürgergeld vom Jobcenter und Sozialhilfe vom Sozialamt erhalten. Im Jahr 2022 stellte das Sozialamt insgesamt 2.315 Wohnberechtigungsscheine aus, 2021 waren es 2.391. Doch der Schein sichert nicht automatisch eine Sozialwohnung – er dient lediglich als Nachweis für die Wohnungsberechtigung.

Der Nachfrage steht ein Angebot von 10.745 Wohnungen mit Belegungsbindungen gegenüber (Stand 31. Dezember 2022). Belegungsbindung bedeutet, dass für diese Wohnungen ein Wohnberechtigungsschein benötigt wird. Diese Summe enthält unter anderem 10.000 Belegungsrechte, die sich die Stadt bis längstens 2036 bei der Vonovia gesichert hat, sowie 493 neue Sozialwohnungen, die zwischen 2020 und 2022 aufgrund der Richtlinie gebundener Mietwohnraum (RL gMW) mit öffentlichen Wohnungsbaufördermitteln gebaut wurden. Den Großteil der neuen Sozialwohnungen hat die WiD errichtet. Aktuell verfügt die WiD über 510 neu gebaute Sozialwohnungen. Im Jahr 2024 stellt die WiD 33 weitere Sozialwohnungen fertig. Die Planung für 517 weitere neue Wohnungen wird aufgrund der bau- und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorerst nicht weiterverfolgt. Denn Bauen ist derzeit so teuer wie nie. Das gilt besonders für Mehrfamilienhäuser. Laut Daten des Statistischen Landesamtes wurden 2021 noch durchschnittlich 1.730 Euro pro Quadratmeter im Geschosswohnungsneubau veranschlagt, 2022 waren es bereits 2.180 Euro. Das entspricht einer Steigerung von reichlich 25 Prozent. 

Erschwerend kommt hinzu, dass die RL gMW trotz der jüngsten Preissteigerungen noch immer einen Maximalfördersatz der anfänglichen Miete von höchstens 4,80 Euro pro Quadratmeter und Monat vorsieht. Die staatlichen Mittel reichen nicht mehr aus, um die Förderlücke zu schließen und einen Anreiz für sozialen Wohnungsneubau zu setzen. Dieser ist deshalb nicht mehr wirtschaftlich möglich. Frühindikatoren weisen auf eine Abschwächung im Wohnungsneubau hin. 2022 verzeichnete die Stadt einen deutlichen Rückgang der Genehmigungen für Wohnungsneubau um 53,5 Prozent auf nur noch 1.305 Baugenehmigungen. 2021 waren es noch 2.807. Laut Statistischem Landesamt brach der Umsatz im Wohnungsbau im ersten Halbjahr 2023 sachsenweit um über 15 Prozent ein. Im zweiten Quartal 2023 verzeichneten die Dresdner Wohnungsbauunternehmen im Auftragseingang ein Minus von drei Prozent auf 24,7 Millionen Euro an. Im Vorjahresquartal gingen Aufträge mit einem Volumen von 24,4 Mio. Euro ein. Das geht aus dem jüngsten Quartalsbericht der Kommunalen Statistikstelle hervor.

Laut der Wohnbedarfsprognose, die das Institut Empirica 2021 auf der Grundlage der Einwohnerprognose 2020 erstellt hat, müssten in Sachsens Landeshauptstadt bis 2030 mindestens 10.630 neue Wohnungen gebaut werden. Die angekündigten Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen in Dresden sind dabei noch nicht einmal mit einberechnet.