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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/12/pm_004.php 14.12.2023 09:42:03 Uhr 25.08.2024 12:18:25 Uhr

Am 5. Dezember Film über Fred Stein im Programmkino Ost

„Out of Exile – The Photography of Fred Stein“ erzählt Geschichte des Fotografen und Porträtisten

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Am Dienstag, 5. Dezember 2023, 19 Uhr wird im Programmkino Ost, Schandauer Straße 73 der preisgekrönte Dokumentarfilm „Out of Exile – The Photography of Fred Stein“ (Englisch mit deutschen Untertiteln) in Anwesenheit des Regisseurs Peter Stein gezeigt. Anschließend führt Peter Stein ein Gespräch mit Dr. Nils Geißler, in dem sie das Leben und das künstlerische Schaffen von Fred Stein näher beleuchten. Die einführenden Worte zu dieser Veranstaltung spricht Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch.

Der vom Geschäftsbereich Kultur der Landeshauptstadt Dresden gemeinsam mit dem Programmkino Ost präsentierte Film (USA 2021, Regie: Dawn Freer und Peter Stein) erzählt die faszinierende Geschichte des Fotografen und Porträtisten Fred Stein, der ikonische Ansichten des 20. Jahrhunderts geschaffen hat. Im Jahr 1909 als Sohn eines Rabbiners in Dresden geboren, war der überzeugte Sozialist nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 gezwungen, seine Heimatstadt zu verlassen. 

Sein Sohn Peter Stein machte es sich zur Aufgabe, das Werk seines Vaters weltweit bekannt zu machen. Er kategorisierte das Werk, ließ neue Abzüge und Vergrößerungen anfertigen und setzt sich mit großer Entschiedenheit und Begeisterung dafür ein, dass die Arbeiten seines Vaters gebührend anerkannt werden. Der Dokumentarfilm „Out of Exile – The Photography of Fred Stein“ zeigt auch das Bemühen des Sohnes, das Werk des Vaters der Vergessenheit zu entreißen. Erst in den letzten Jahren ist es dank mehrerer Ausstellungen gelungen, den Urheber weltbekannter Fotos kennenzulernen. Mit einer Retrospektive erinnerte zum Beispiel das Stadtmuseum Dresden 2018 an das vielschichtige und umfangreiche Werk Fred Steins und zeigte über 70 Schwarz-Weiß-Fotografien mit Straßenansichten aus Paris und New York, aber auch zahlreiche Porträts. Im Film sind Bilder zu sehen, die anspruchsvoll, schön und berührend sind, sowie eindringliche Porträts einiger der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, darunter etwa die im Exil lebenden Albert Einstein, Hannah Arendt oder Bertolt Brecht. Betrachtet man darüber hinaus die Bilder aus Dresden, so scheinen die Ursprünge Fred Steins wieder auf. 

Peter Stein, Produzent, Regisseur und Kameramann in einer Person: „Es gibt ein Foto, das mich jedes Mal berührt, wenn ich es sehe: Ein kleines Mädchen, das eine Schüssel Suppe hält, und trotz ihrer bedrückenden Situation strahlt sie Gelassenheit aus. Dieses Bild erinnert mich an die Fotografien meines Vaters, die die menschliche Geschichte einfangen. Gemeinsam mit meiner Frau entschieden wir uns vor drei Jahren, einen Film über das Leben meines Vaters, Fred Stein, zu produzieren. Wir nutzten seine eigenen Worte, Tausende von Briefen und Interviews mit seiner Frau, um seine Geschichte zu erzählen. Die Fotografien meines Vaters sind das Herzstück des Films, sie zeigen Schönheit, Tiefe und Menschlichkeit und gehören der Welt.“

Annekatrin Klepsch, Bürgermeisterin für Kultur, Wissenschaft und Tourismus: „Fred Stein erweist sich nicht nur als ein meisterhafter Fotograf, sondern auch als ein herausragender Beobachter und Dokumentarist seiner Ära. Durch seinen künstlerischen Nachlass und den vorliegenden Film von Peter Stein eröffnet sich uns ein tiefgehender und äußerst persönlicher Einblick sowohl in sein fotografisches Werk als auch in sein von der Emigration geprägtes Leben. Out of Exile präsentiert somit eine eindrucksvolle Neufassung und Wiederentdeckung der Kunst- und Kulturgeschichte Dresdens. Für die Stadt Dresden ist es ein großes Geschenk, dass Fred Steins Sohn Peter unsere Stadt mit einem Besuch beehrt.“

Zum Leben von Fred Stein:

Im Sommer 1933 heiratete Fred Stein Liselotte Salzburg, deren Leidenschaft für Fotografie eng mit seiner eigenen verbunden war. Aus Anlass ihrer Hochzeit schenkten sie sich eine Leica-Kamera. Gemessen an ihren finanziellen Verhältnissen hatte diese nicht nur einen beträchtlichen materiellen Wert, sondern stand auch für die tiefgreifende Verbindung in ihrer Beziehung. In Dresden bot sich dem Paar nur selten die Gelegenheit, ihre Leica ausführlich zu testen. Die ältesten Fotografien zeigen Porträts von Lilo und Fred Stein, das Grab seines früh verstorbenen Vaters und eine Außenaufnahme der von Gottfried Semper gestalteten Synagoge. Bereits im Oktober 1933 sahen sich Fred und Lilo Stein gezwungen, Deutschland zu verlassen. Unter dem Vorwand, ihre Hochzeitsreise anzutreten, reisten sie nach Frankreich. Paris wurde zum ersten Anlaufpunkt für zahlreiche linksgerichtete Aktivisten, Künstler und Intellektuelle, die den drohenden Repressalien und Inhaftierungen bei der nationalsozialistischen „Gleichschaltung“ entkommen wollten. Unter den Exilanten befanden sich bekannte Persönlichkeiten wie Rudolf Breitscheid, Willy Brandt, Willi Münzenberg, Lion Feuchtwanger, Alfred Döblin, Anna Seghers, Joseph Roth, Walter Benjamin, Ludwig Marcuse und Leo Strauss, einige von ihnen enge Bekannte von Fred Stein. Viele von ihnen verbrachten Monate, manche sogar Jahre in Paris. Es entstand ein Netzwerk deutscher Kultur, das in französischen Publikationen und deutschen Exilzeitschriften sichtbar wurde. Ursprünglich hatten viele der etwa 10.000 Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland, einschließlich der Steins, gehofft, nur vorübergehend in Paris zu bleiben, um später in die Heimat zurückzukehren. Bald schon stellten sich die Steins auf einen längeren Aufenthalt ein und machten ihre Leidenschaft für die Fotografie zu ihrem Beruf. Aus einem talentierten Amateur wurde ein renommierter Fotograf. In seiner bescheidenen Wohnung gründete er sein eigenes Studio, das als „Studio Stein“ bekannt wurde – die erste professionelle Adresse mit einer Dunkelkammer im Badezimmer. Dort entstanden Tausende von herausragenden Fotografien. Als ihn die weitere Flucht 1941 in die USA führte, setzte Fred Stein seine fotografische Leidenschaft und seinen einzigartigen Stil fort. Mit einer neuen Leica und einer Rolleiflex, die quadratische Formate ermöglichte, eroberte er New York City. Ähnlich wie in Paris fing er Szenen ein, die wie Momentaufnahmen eines Films wirken. Auch in New York gelang es ihm, den entscheidenden Moment festzuhalten, die unwiederholbare Geste, spontane Bewegungen oder den Höhepunkt einer Geschichte. Seine Porträts von zahlreichen Emigranten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in den USA zeugen von einem ausgeprägten Gespür für Menschen und Augenblicke; ohne Retusche gelang es ihm, Persönlichkeit und Charakter unverfälscht darstellen. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1997 erbte Peter Stein den umfangreichen fotografischen Nachlass seines Vaters.