Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de

https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/03/pm_016.php 10.03.2023 11:03:05 Uhr 01.09.2024 08:18:42 Uhr

90 Jahre Bücherverbrennung: Dresden als Wegbereiter des Verfalls

Lese- und Diskussionsangebote von tjg und Städtischen Bibliotheken am 8. und 24. März

„Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen”, hatte Heinrich Heine 1823 in der Tragödie „Almansor“ unheilvoll prophezeit.  Ein Jahrhundert später sollten sich diese Worte auf furchtbare Weise bewahrheiten: Die Bücherverbrennungen des Jahres 1933 können dabei als Fanal für die weitere Entwicklung des nationalsozialistischen Regimes interpretiert werden. Die verbrecherische Gewaltherrschaft gipfelte in einem singulären Ausmaß von Zerstörung und Verbrechen. In der Rückschau erscheinen die lodernden Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen als ein erschreckendes Beispiel für die Gräueltaten, die durch ideologische Intoleranz und Unterdrückung entstehen können.

Mit den Bildern von brennenden Büchern auf dem Berliner Opernplatz und in anderen deutschen Städten ist der 10. Mai 1933 als Datum der nationalsozialistischen Bücherverbrennung und Propaganda-Aktion „wider den undeutschen Geist“ in das kollektive Gedächtnis eingegangen. An diesem Tag wurden von nationalsozialistischen Studenten Tausende von Büchern öffentlich verbrannt, darunter Werke von Autoren wie Heinrich Heine, Thomas Mann, Erich Kästner und Kurt Tucholsky. Die Aktion war Teil einer groß angelegten Propagandakampagne der Nationalsozialisten, um die „Reinheit“ der deutschen Kultur und Identität zu betonen und jegliche abweichende Meinungen oder Ideen zu unterdrücken.

Doch schon am 7. und 8. März 1933 gab es in Dresden erstmals wilde Verbrennungsaktionen. „Dresden war auf diese Weise ein Impulsgeber und Transmissionsriemen der Kampagne für die von den Nationalsozialisten orchestrierten Bücherverbrennungen im Mai 1933“, so Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch. 

SA-Trupps zündeten am 7. März 1933 Bücherstapel unter anderem aus den Beständen der einstigen Volksbuchhandlung auf der Großen Meißner Straße an, dann wieder am 8. März am Wettiner Platz, am Verlagshaus der einstigen „Dresdner Volkszeitung“. Verbrannt wurden Zeitschriften, Zeitungen und Belletristik, Werke von verfemten Autoren, aber auch Flugblätter und Akten.

„Die Verbrennungsaktionen in Dresden führte allen Zeitgenossen unmissverständlich die Zielrichtung der Nationalsozialisten vor Augen, nicht nur anders Denkende rücksichtslos zu unterdrücken, sondern auch das kulturelle Leben einer barbarischen Gleichschaltung und Kontrolle zu unterwerfen. Aus heutiger Sicht erstaunt, mit welch erschreckender Indifferenz diese Aktionen hingenommen wurden, auch und gerade in Dresden. Ich bin daher überaus dankbar, dass das tjg. theater junge generation den 8. März zum Anlass nimmt, um an die Abkehr Deutschlands von den Werten und Prinzipien einer Kulturnation zu erinnern und vertiefte Impulse den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg zu geben“, so Annekatrin Klepsch weiter.

Dazu besuchen Mitarbeitende des tjg. verschiedene Dresdner Schulen und lesen aus verschiedenen Texten damals verfemter Autoren am Jahrestag der Verbrennungsaktionen. Das Angebot gilt für Klassen von der 3. bis zur 12. Jahrgangsstufe und wird im Rahmen von einer Unterrichtsstunde (maximal 45 Minuten) stattfinden. Die Kulturbürgermeisterin wird am 8. März vor einer 7. Klasse des Gymnasiums Dresden-Johannstadt aus einem Buch von Irmgard Keun lesen.

tjg.-Intendantin Felicitas Loewe: „Um ins Theater zu kommen, überqueren täglich Kinder, Jugendliche und Familien den Wettiner Platz, auf dem 1933 von den Nazis Bücher verbrannt wurden – lange, bevor es andernorts dazu kam. Daran zu erinnern und diese Texte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, empfinden wir als Verantwortung.“

Außerdem laden die Städtischen Bibliotheken Dresden in Kooperation mit der Dresdner Philharmonie am Freitag, 24. März 2023 ab 19.30 Uhr zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Meinungsfreiheit ein, Ort: Konzertsaal der Philharmonie, Schloßstraße 2. Drei Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen – die Journalistin Dunja Hayali, der Politiker Thomas de Maizière und der Autor und Journalist Uwe Wittstock – treffen sich, um über die Bedeutung der Meinungsfreiheit zu diskutieren. In ihrer Diskussion gehen sie auf Gefahren für die Meinungsfreiheit ein und erörtern, wie man sie in einer Gesellschaft schützen kann, die immer differenzierter und komplexer wird.