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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2023/02/pm_062.php 28.02.2023 12:55:23 Uhr 01.09.2024 12:16:40 Uhr

80. Jahrestag der Räumung des Lagers Hellerberg

Dresdnerinnen und Dresdner sind zu zwei Gedenkveranstaltungen am 2. März eingeladen

Am Donnerstag, 2. März 2023, jährt sich die Räumung des Lagers Hellerberg an der Radeburger Straße/Stauffenbergallee und die unmittelbare Deportation von 293 Dresdner Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. Im Gedenken an diese Ereignisse weist die Landeshauptstadt Dresden auf zwei Veranstaltungen am 2. März hin. Dresdnerinnen und Dresdner sind herzlich einladen.
Am Donnerstag, 2. März, 10 Uhr, werden Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch und Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen am Lager Hellerberg Blumen niederlegen. Ort: Radeburger Straße/Eingang Stauffenbergallee. Der Dresdner Künstler Dada Vadim wird eine symbolische Grabung am historischen Ort des Lagers Hellerberg vornehmen. 
Der Geschäftsbereich Kultur der Landeshauptstadt Dresden hatte im Jahr 2022 einen Wettbewerb zur Entwicklung von Gedenkorten zur NS-Diktatur im Dresdner Norden durchgeführt, der neben weiteren Orten das Lager Hellerberg und den Alten Leipziger Bahnhof betrachtet hat. Ziel ist es, beide Orte, neben weiteren, in ihrer historischen Bedeutung zu markieren und in den Kontext zu stellen.
In den vergangenen Jahren wurde das Gelände am ehemaligen Lager Hellerberg im Auftrag des Umweltamtes naturnah gestaltet. 
Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen ist es wichtig, den Gedenkort auch in diesem Sinne weiterzuentwickeln: „Die Ruhe und Bedächtigkeit der Natur bildet einen passenden Hintergrund für diese Stätte des Gedenkens und der Erinnerung. Diese besondere Verbindung gilt es zu bewahren und gemeinsam mit der Stadtgesellschaft als Stätte des Gedenkens und der Erinnerung weiterzuentwickeln.“
Am Donnerstag, 2. März, 17 Uhr, wird die Initiative „Herz statt Hetze“ eine Kundgebung und ein Gedenken am Alten Leipziger Bahnhof, Eisenbahnstraße 1, veranstalten. Hier werden die Opfer der Shoa im Mittelpunkt stehen. Außerdem soll mit allen Interessierten und Verantwortlichen die Diskussion für die Errichtung eines dauerhaften Gedenk-, Bildungs- und Begegnungsort am Alten Leipziger Bahnhof vorangetrieben werden. Die Teilnahme an der Diskussion steht jedem offen. Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch nimmt an der Veranstaltung teil. Die Fassade des ehemaligen Empfangsgebäudes am Alten Leipziger Bahnhofs erwacht durch die künstlerische Arbeit von David Adam auf symbolische Art und Weise wieder zum Leben. Eine dreiteilige Videoprojektion zeigt vorbeifahrende Züge, begleitet vom charakteristischen Geräusch der Züge. Wenn Besucher an das Gebäude herantreten und in die Projektionen treten, werfen sie ihre Schatten auf die Fassade und verschmelzen mit den bewegten Bildern. In Kombination mit dem Gitterzaun, der das Gebäude umgibt, und dem Wissen über die Geschichte des Bahnhofs entsteht eine bedrückende Installation, die zum Nachdenken anregt. Für die musikalische Umrahmung der Gedenkveranstaltung sorgen die Musikerinnen der Dresdner Band Youkali.
Annekatrin Klepsch: „Das Engagement von vielen mutigen Bürgerinnen und Bürgern hat dazu geführt, dass wichtige und notwendige Debatten an verschiedenen Orten nationalsozialistischer Verbrechen in unserer Stadt stattfinden. Dadurch ist es heute möglich, miteinander zu sprechen und auch zu streiten, um den richtigen Umgang mit unserer Vergangenheit zu finden. Hinter den abstrakten Umschreibungen verbergen sich schreckliche Schicksale, grausame Verbrechen und eine gesellschaftliche Gleichgültigkeit, die für uns heute unvorstellbar erscheint. Gerade deshalb müssen wir darüber sprechen, was passiert ist und uns mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Erinnerung an die Opfer und das Leid der Dresdner Jüdinnen und Juden, das ihnen zugefügt wurde, verblassen“. 

Hintergrund:
Der Schritt von der Verfolgung und Entrechtung zur Vernichtung der Dresdner Jüdinnen und Juden erfolgte im Zuge einer Ausweitung des Krieges: Mit Hitlers Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 gerieten noch einmal Millionen Jüdinnen und Juden in den Machtbereich der Nationalsozialisten. Die Nationalsozialisten beschlossen auf der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 die „Endlösung“ der Judenfrage als physische Vernichtung mittels industriellem Massenmord durch Gas.
Ab Januar 1942 rollten die ersten Transporte vom Bahnhof Dresden-Neustadt und per LKW nach Norden(Riga), nach Osten (Auschwitz) und Süden (Theresienstadt), wobei auch ein Großteil der nach Riga und Theresienstadt verschleppten Jüdinnen und Juden vor Ort oder ebenfalls in Auschwitz ermordet wurde. Die logistische Vorbereitung der Transporte erfolgte in der Staatspolizeileitstelle Dresden, in der Mitglieder der Gestapo und der NSDAP arbeiteten.
Das Lager Hellerberg wurde am 23./24. November 1942 von der Zeiss-Ikon AG, der Dresdner Gestapo und der Kreisleitung der NSDAP eingerichtet.  Es befand sich zwischen Hammerweg, Radeburger Straße und heutiger Stauffenbergallee.  Die Gefangenen waren gezwungen, im Rüstungsbetrieb der Goehle-Werke der Zeiss-Ikon AG in der Großenhainer Straße Zwangsarbeit zu leisten.  Am 27. Februar 1943 wurde das Lager Hellerberg zum „Polizeihaftlager“ erklärt. In der Nacht vom 2. zum 3. März 1943 wurde das Lager geräumt. Die Lagerinsassen wurden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Räumung des Lagers Hellerberg und die Deportation der Insassen nach Auschwitz war ein weiteres schreckliches Kapitel in der Geschichte des nationalsozialistischen Deutschlands.