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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2022/06/pm_013.php 08.06.2022 11:41:29 Uhr 07.09.2024 20:17:00 Uhr

Lausige Zeiten für Dresdner Fichten

Parasiten saugen Nadeln gelbbraun, Stand- und Bruchsicherheit der Bäume noch nicht gefährdet

Befallene Blaue Stech-Fichte in Seidnitz neben einem Haus
Befallene Blaue Stech-Fichte in Seidnitz

Seit einigen Tagen fallen aufmerksamen Beobachtern im gesamten Stadtgebiet Nadelbäume auf, deren Nadelkleid teilweise oder vollständig gelbbraun gefärbt ist. Ursache dafür ist das Massenauftreten der Sitkafichten- bzw. Fichtenröhrenlaus. Die grünen Läuse mit roten Augen arbeiten sich mit Ende des Winters an den Nadeln der betroffenen Fichten von innen nach außen und von Bäumen im Bestand zu den Randbäumen vor. Schließlich sterben die Nadeln durch das intensive Saugen der Parasiten ab. Erst nach Wochen und im Hochstadium des Befalls wird dies durch die intensive gelbbraune Verfärbung der Kronen und den massenhaften Nadellverlust sichtbar.

Einen vergleichbar starken Lausbefall gab es in den 1990er Jahren und zuletzt 2015. Besonders häufig kommt es dazu, wenn es mehrere Jahre hintereinander ähnliche Witterungsbedingungen mit milden Wintern und Temperaturen über minus 14 Grad und dazu anhaltend trockene Frühjahrswochen gibt. Diese Witterung begünstigt die Entwicklung der Laus. Befallen werden neben der namensgebenden Sitka-Fichte hauptsächlich auch die Blaue Stech-Fichte und die Zuckerhut-Fichte, seltener die Serbische Fichte und die einheimische Rot-Fichte. Bäume, die an trockenen Standorten wie auf Sandböden und in schlecht durchlüfteten oder überwärmten Bereichen stehen, werden bevorzugt befallen. Vorgeschädigte Bäume sind ebenfalls häufiger betroffen. Zu den natürlichen Feinden der Läuse gehören Marienkäfer, Florfliegen, Schwebfliegen und andere Wirbellose sowie einige Vogelarten. Allerdings können sie dem Massenauftreten der Läuse nur wenig entgegenwirken.

Die Läuse können lediglich durch Spritzungen mit dafür zugelassenen Mitteln ab März bekämpft werden, was jedoch nur an Jungbäumen praktikabel ist. Zum Schutz anderer Insektenarten sollte nur sehr begrenzt und ausschließlich in den späten Abend- oder frühen Morgenstunden gespritzt werden. Der aktuelle Baumwuchs wird sich in der Regel erst einmal weitgehend normal entwickeln können, wenn dieser nicht noch nach dessen Ausreifen im Sommer befallen wird. Letzteres führt dann zum sicheren Absterben des gesamten Baumes.

Mit dem Neuaustrieb in den kommenden Jahren und nach mindestens vier Jahren ohne Befall können sich die betroffenen Bäume teilweise wieder erholen und eine geschlossene Krone bilden. Wer also den Versuch unternimmt, seinen Baum zu retten, sollte das Gehölz durch häufiges Wässern bei trockener Witterung, wiederholtes Abspritzen und einer auf die Baumgröße abgestimmten Düngung (zum Beispiel mit Bittersalz) unterstützen und keinesfalls bereits jetzt die scheinbar toten Äste abschneiden.

„Die unmittelbaren Auswirkungen an den betroffenen Nadelgehölzen sind erst einmal nur optischer Natur. Die Stand- und Bruchsicherheit dieser Bäume ist zunächst nicht gefährdet“, erklärt Birk Albert, Sachgebietsleiter Gehölzschutz im Umweltamt. „Befallene Bäume stellen keine Gefahr für den Menschen, für Sachwerte oder für andere Baumarten mit Ausnahme der benannten Fichten-Arten dar. Somit besteht erst einmal kein Grund zur Fällung“, ergänzt er. Außerdem gilt aktuell das jährliche allgemeine Fällverbot vom 1. März bis 30. September nach dem Bundesnaturschutzgesetz.

Mit dem Vorkommen und den immer wieder auftretenden Massenvermehrungen der Sitkafichten- bzw. Fichtenröhrenlaus muss auch in Zukunft gerechnet werden. Die Laus wurde aus Nordamerika eingeschleppt und hat sich in Europa etabliert. Weitere Schadinsekten wie Borkenkäfer-Arten setzen den geschwächten Bäumen weiter zu. Da Fichten als flach wurzelnde Gehölze höhere Gebirgslagen und luftfeuchte Standorte mit guter Wasserversorgung bevorzugen, sind sie sehr anfällig gegen Trockenstress und haben Probleme mit den klimatischen Veränderungen. In Zukunft rücken andere Arten mit einer größeren Toleranz gegenüber Wetterextremen wie Hitze und Trockenheit und urbanen Gegebenheiten wie Versieglung mehr und mehr nach.

„Unser Ziel ist es, künftig einen breit gefächerten Mix von an den jeweiligen Standort angepassten Arten im Stadtgebiet zu etablieren. Hierbei sollen sowohl einheimische als auch fremdländische Gehölzarten vertreten sein“, erläutert Birk Albert. Und fügt hinzu: „Es werden ergänzend zu den einheimischen Arten vor allem nordamerikanische Gehölze und solche aus dem mittel- und ostasiatischen sowie südeuropäischen Raum hinzukommen. Durch einen guten Mix mit einheimischen Arten, können wir allen im Stadtgebiet vorkommenden Tierarten einen Lebensraum bieten.“