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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2022/04/pm_012.php 04.04.2022 15:26:38 Uhr 09.09.2024 14:40:41 Uhr

Rechnungsprüfungsamt legt Schlussbericht 2020 vor

Der Amtsleiter des Rechnungsprüfungsamtes, Herbert Gehring stellt heute, Montag, 4. April 2022, den Schlussbericht 2020 im Ausschuss für Finanzen vor. Der Schlussbericht besteht aus zwei Teilen: der Prüfung des Jahresabschlusses 2020 und dem Tätigkeitsbericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes (RPA). Mit dem Beschluss zum Jahresabschluss 2020 stellt der Stadtrat fest, dass für das Haushaltsjahr 2020 ein Jahresabschluss erstellt und dieser vom RPA geprüft wurde. Die Feststellung ist keine Entlastung. Alle offenen Punkte müssen von der Stadtverwaltung weiterverfolgt werden.

Teil 1: Prüfung des Jahresabschlusses 2020 (Seiten 9-93 Schlussbericht)

Dresden schloss das Jahr 2020 mit einem Gesamtüberschuss in der Ergebnisrechnung von rund 102,2 Millionen Euro ab. Die Stadt verfügte zum 31. Dezember 2020 über eine Liquidität von 411,8 Millionen Euro.

Das Bilanzvermögen hat sich im Jahr 2020 um 177 Millionen Euro auf 5,8 Milliarden Euro erhöht. Das Anlagevermögen stieg 2020 um fast 88 Millionen Euro auf ca. 4,8 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote ist im Berichtszeitraum von 66,2 Prozent auf 65,2 Prozent leicht gesunken. Die investiven Auszahlungsreste sind um 43,3 Millionen Euro auf 375,6 Millionen Euro wiederum gesunken.

Wesentliche Prüfungsfeststellungen

  • Buchhalterische Abrechnung von Baumaßnahmen (Seite 12 Schlussbericht)
  • Fehlerhafte Buchungssystematik/Periodenabgrenzung bei investiven Baurechnungen (Seite 12 Schlussbericht)
  • Internes Kontrollsystem (Seite 12 Schlussbericht)
  • Offene Punkte bei der kommunalen Doppik
    Seit 2011 ist bei der Landeshauptstadt Dresden die kommunale Doppik eingeführt. Mit hohem Aufwand wurde ein leistungsfähiges System aufgebaut und über die Jahre weiterentwickelt. Trotzdem gibt es noch eine Reihe von Aufgaben, die bisher noch nicht oder nach Sicht des Rechnungsprüfungsamtes noch nicht ausreichend erledigt wurden. Dies sind Sachverhalte, die zum Teil Folge der kommunalen Doppik sind oder in Zusammenhang mit dieser stehen:
    • Risikomanagement und Internes Kontrollsystem – IKS
      Gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 4 der Sächsischen Kommunalhaushaltsverordnung sollen im Rechenschaftsbericht „zu erwartende positive Entwicklungen und mögliche Risiken von besonderer Bedeutung“ dargestellt werden. Um dies darstellen zu können, bedarf es eines Risikomanagements und eines IKS. Beides fehlt bei der Stadtverwaltung Dresden.
    • Vertragsmanagement und Prozessmanagement: Beide Systeme sind derzeit bei der Stadtverwaltung nicht vollständig.
  • Nicht gesetzeskonforme Veranschlagung von Investitionen
    Die investiven Auszahlungsreste sind zwar um 43,8 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr, sind aber mit 332,3 Millionen Euro immer noch viel zu hoch. Diese hohen Auszahlungsreste sind eine wesentliche Ursache für die wieder angestiegene Liquidität i. H. v. 411,8 Millionen Euro (2019: 378,6 Millionen Euro). „Im Klartext: In der Stadtkasse lagen zum Jahresende 2020 ungenutzt Millionen von Steuergeldern. Durch Auszahlungsreste baut sich nicht nur ein Liquiditätsberg, sondern auch ein relativ unübersichtlicher Neben- oder Schattenhaushalt auf. Damit droht die Transparenz des Haushalts für Stadtrat und Bürgerschaft verlorenzugehen“, so der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes Herbert Gehring. Weiter erklärt er: „Dieser Entwicklung ist die Stadt jedoch nicht hilflos ausgeliefert. Würden die Vorgaben des § 12 Abs. 3 der Sächsischen Kommunalhaushaltsverordnung bei der Erstellung des jeweiligen Haushalts berücksichtigt werden, könnte die momentane Situation zumindest abgemildert werden. Kurz zusammengefasst steht dort, dass Auszahlungen für Baumaßnahmen erst dann veranschlagt werden dürfen, wenn eine ausreichende Planungstiefe mit entsprechenden Unterlagen vorliegt. Haushaltsansätze für Investitionen werden oftmals als Zeichen des kommunalpolitischen Willens auf die Schnelle nur mit ‚Daumengrößen‘ in die Haushalte aufgenommen. Dies führt dann oft zu folgenden negativen Auswirkungen. Erstens: Wegen des unzureichenden Planungsstandes können die Maßnahmen im Haushaltsjahr nicht begonnen werden. Die nicht benötigten Haushaltsmittel werden dann (oft über Jahre) in das nächste Haushaltsjahr übertragen. Es entstehen Auszahlungsreste. Zweitens: Weil nur ‚Daumengrößen‘ und keine berechneten Ansätze veranschlagt wurden, reichen diese oftmals nicht aus. Es müssen dann in teilweise schwierigen Prozessen weitere Haushaltsmittel ‚draufgelegt‘ werden. Es liegt nun an allen, die jetzt schon sehr bald bei der Erstellung des Doppelhaushaltes 2023/2024 mitarbeiten werden, die Beachtung der zitierten Vorschrift einzufordern und natürlich auch selbst zu befolgen. Dies könnte ein erster Schritt zur Reduzierung der Ausgabereste und eine Rückkehr zur Wahrheit und Klarheit des Haushaltes sein.“

Wegen der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entsprach der Jahresabschluss 2020 trotz zahlreicher Beanstandungen im Wesentlichen den gesetzlichen Vorschriften. Der Bestätigungsvermerk des RPA erfolgt deshalb ohne Einschränkung (Seite 93 Schlussbericht). Gehring empfiehlt dem Stadtrat die Feststellung des Jahresabschlusses 2020.

Teil 2: Tätigkeitsbericht des Rechnungsprüfungsamtes (Seiten 95-177 Schlussbericht)

Im Teil 2 des Schlussberichtes sind die weiteren Prüfungstätigkeiten des RPA im Jahr 2020 dargestellt. Viele dieser unterjährigen Prüfungen haben ihren Ursprung in vorausgegangenen Jahresabschlussprüfungen.

Besondere Schwerpunkte

  • IT-/Digitalisierungsstrategie
    Zum wiederholten Mal moniert Gehring, dass immer noch keine transparente und verbindliche IT-/Digitalisierungsstrategie vorliegt. Nach Ansicht von Gehring regt sich darüber bereits Unmut in der Stadtverwaltung. Er führt nochmal auf: „Die geforderte Strategie muss kurz-, mittel- und langfristige Ziele enthalten, die abrechenbar und controllingfähig sein müssen. Die zu erstellende IT-Strategie muss bereits laufende und zukünftige IT-Großprojekte wie SAP HANA integrieren und eine gesamtheitliche Koordination ermöglichen. Neben der IT-Strategie muss eine zukunftsfähige IT-Architektur erstellt werden, damit die Wirtschaftlichkeit und Effizienz des IT-Einsatzes sichergestellt werden kann. Und: Es ist zwingend erforderlich, dass bei der Digitalisierung nicht nur analoge Prozesse in digitale Prozesse ‚übersetzt‘ werden, sondern mit der digitalen Transformation die bestehenden Prozesse optimiert werden. Es wäre fatal, diese Chance zur Steigerung der Effektivität und Effizienz der Verwaltung nicht zu nutzen.“
  • Betätigungsprüfungen und Prüfung der städtischen Beteiligungen
    Hier weist Gehring auf zwei Kernthemen hin:
  1. Fachliche Eignung der Mitglieder der Aufsichtsräte
    Das aktuell angewandte Verfahren (Abgabe von Eigenständigkeitserklärungen durch die Mandatsträger) zur Anerkennung der fachlichen Eignung der Aufsichtsräte nach § 98 Abs. 2 Satz 4 der Sächsischen Gemeindeordnung ist im Hinblick auf dessen rechtliche Zulässigkeit in Abhängigkeit von entsprechenden Regelungen durch den Freistaat Sachsen im Fokus zu behalten. Der Sachstand ist regelmäßig zu überprüfen und entsprechend zu dokumentieren, ggf. ist das derzeit praktizierte Verfahren entsprechend anzupassen.
  2. Public Corporate Governance Kodex - PCGK
    Unter einem PCGK versteht man eine Zusammenstellung von Grundsätzen zur verantwortungsvollen Steuerung, Leitung und Überwachung von und in öffentlichen Unternehmen und Organisationen der öffentlichen Hand mit selbstständiger Wirtschaftsführung, die sich einschlägig bewährt haben (siehe hierzu: www.pcg-musterkodex.de). Seit 2020 gibt es einen deutschen Musterkodex, den der Deutsche Städtetag zur Umsetzung empfahl. Gehring hatte vor zwei Jahren vorgeschlagen, zur weiteren Optimierung der Gesamtsteuerung des „Konzern Stadt“ einen derartigen Kodex einzuführen und die entsprechenden Diskussionen im Stadtrat und der Verwaltung zu beginnen. Da keine Aktivitäten in diese Richtung wahrgenommen werden, erneuert Gehring heute seinen Vorschlag.
  •  Baubegleitende Prüfungen (Seiten 141 bis 147)
    „Bauen ist aus finanzwirtschaftlicher Sicht immer ein äußerst spannendes Thema. Die Stadt setzt dafür jährlich dreistellige Millionenbeträge um, im geprüften Zeitraum 2020 waren das ca. 251 Millionen Euro. Unsere Prüfungstätigkeit haben wir seit dem Haushaltsjahr 2018 auf die Planungsphase ausgeweitet und intensiviert. Die im Vorfeld stattfindenden umfangreichen Entscheidungen und Beschlüsse, zum Beispiel zu Rahmen- und Bebauungsplänen, wurden dabei mitbetrachtet. Besonderes Augenmerk haben wir auf die systemische Planentwicklung, die Abstimmung der Ämter und Beteiligten und die Beachtung von Vorhaben im und um das Planvorhaben gelegt“, berichtet Gehring. Zusammenfassend stellt er fest:
    • Die Zusammenarbeit zwischen den Ämtern muss verbessert werden.
    • Vor Offenen Vergabeverfahren oder Öffentlichen Ausschreibungen von Bauleistungen muss eine ausreichende Planungsreife, zumindest bei den Schlüsselgewerken, vorhanden sein.
    • Eine leistungsfähige Baurevision ist einzurichten.
  •  Building Information Modeling - BIM (Seite 147)
    Die Ziele von BIM sind unter anderem die frühzeitige Vernetzung aller am Bau Beteiligten, die Minimierung von Planungs- und Baurisiken, eine einheitliche Sprache bei der Anwendung, aber vor allem die Möglichkeit der effektiven Bewirtschaftung der Objekte nach der Fertigstellung. Bei der BIM-Methode bildet ein dreidimensionales digitales Modell des Bauprojektes die Basis der Projektentwicklung, -umsetzung bis hin zur Bewirtschaftung. Das RPA begleitet erste Pilotprojekte im Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung, auch das Neue Verwaltungszentrum wird als BIM-Projekt durchgeführt. Die Anwendung von BIM in der LHD wird vom RPA ausdrücklich befürwortet. Die dazu erforderlichen Voraussetzungen (z. B. personelle Ausstattung, Fachwissen, Hard- und Software) sollten nach Ansicht des RPA ämterübergreifend und unter Einbeziehung der Eigenbetriebe und der Beteiligungsgesellschaften geschaffen werden. Mit der Federführung für den gesamten „Konzern Stadt“ sollte aus Gehrings Sicht möglichst bald der Geschäftsbereich Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften beauftragt werden.
  • Beschlussvorlagen (Seiten 171 bis 174)
    Herbert Gehring konstatiert: „Leider lässt die Qualität der Vorlagen immer mehr zu wünschen übrig. Teilweise werden Vorlagen in den Geschäftsgang gegeben, ohne dass die für den Beschlussgegenstand notwendigen Recherchen durchgeführt oder nachvollziehbare Begründungen erarbeitet wurden. Oftmals fehlen Ausführungen zu der jeweils notwendigen Finanzierung. Da gibt es noch ein gewaltiges Optimierungspotential.“