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https://www.dresden.de/de/rathaus/stadtbezirksaemter/leuben/geschichte/132010100000168853.php 06.05.2015 11:38:43 Uhr 30.11.2024 01:43:48 Uhr

Tolkewitz

Tolkewitz gehört zu Teilen sowohl dem Ortsamtsbereich von Leuben als auch dem von Blasewitz an.

Archäologische Funde vom Terrain des Johannisfriedhofs aus dem Neolithikum (5500 - 2200 v. Chr.) belegen schon eine sehr frühe Besiedlung des Gebietes. Den Ortsnamen Tolkewitz kann man auf zwei Erklärungen, beide sorbischen Ursprungs, zurückführen: Siedlung der Leute eines Tolkan oder: Ort in einer Talgegend (doł oder dołina).

Im Lehnbuch Friedrichs III. des Strengen (1332-1381) aus dem Jahr 1349 findet sich dann der erste urkundliche Nachweis. In diesem Zusammenhang wird Wigando Nurenberg erwähnt, was auf eine fränkische Herkunft der Bevölkerung hinweist.

Seit 1547 zählt Tolkewitz zu den Dresdner Ratsdörfern. 1561 werden erstmals die Rügen von Tolkewitz erwähnt. Rügen bezeichnen im mitteldeutschen Sprachgebrauch die vor Gericht bekannt gegebenen Gewohnheitsrechte, wie beispielsweise die Wegerechte, den Bierausschank und das Verbot, Taubenschläge zu unterhalten. Letztere Bestimmung hatte große Bedeutung, wurden doch die Gebäude der damaligen Zeit hauptsächlich mit Stroh gedeckt. Tauben hätten im Brandfall leicht das Feuer verbreiten können. Trotzdem kam es 1688, 1765 und zuletzt 1873 zu Dorfbränden.

Bis 1674 gehörte Tolkewitz hinsichtlich des Gemeindewesens zur Frauenkirche. Dann erfolgte die kirchliche Angliederung an Leuben.

Im September 1802 versammelte sich die kursächsische Armee mit 30 000 Mann im Zeltlager von Tolkewitz zum jährlich stattfindenden Manöver.

1824 werden für Tolkewitz 150 Einwohner angegeben. 1855 lebten 167 Menschen hier und 1871 bereits 366.

Beim letzten Dorfbrand, am 24. August 1873, brannten fünf Güter und eine Häuslerwohnung ab. 17 Familien wurden obdachlos. Die zerstörten Güter errichtete man nicht mehr. Stehen gebliebene Nebengebäude wurden umgebaut und dienten zu Wohnzwecken. Drei Bauern zogen auf die andere Seite des „Gründels“.

Nach Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Jahr 1871 prosperierte die Stadt Dresden in das Umland. Für Tolkewitz bedeutete dies die Anlage des Johannisfriedhofs im Jahr 1881, die Errichtung des zweiten Dresdner Wasserwerks 1898 und 1899 die Eröffnung des Straßenbahnhofes. 1902 erhielt Tolkewitz eine eigene Schule und 1911 wurden Krematorium und Urnenhain der Stadt Dresden im Tännicht eingeweiht.

Die Eingemeindung nach Dresden erfolgte am 1. Juli 1912.

Die Bevölkerungszahl nahm bis Mitte der 1920er Jahre gegenüber 1871 auf fast das Zehnfache zu. Zwei Wohnungsbaugenossenschaften bauten Siedlungen.

Bei der Zerstörung Dresdens am 13. und 14. Februar 1945 wurde Tolkewitz nicht verschont. Nur wenige Wohnhäuser, die Schule, das Wasserwerk sowie das Krematorium wurden nicht beschädigt. Ein Teil der Baumschule Hauber, Wohngebäude und Teile des Straßenbahnhofs wurden komplett vernichtet. Auf dem Johannisfriedhof fanden in einem Massengrab mehrere tausend Opfer der alliierten Angriffe ihre letzte Ruhestätte.

Am dritten Advent 1951 wurde an der Marienberger Straße die ev.-luth. Bethlehemkirche geweiht. Sie ist der erste Kirchenneubau in der DDR.

Die Beseitigung der Kriegsschäden an den Siedlungshäusern dauerte bis 1957. Nach 1960 wurde im Bereich der Knappestraße ein Neubaugebiet errichtet. Zu Beginn der 1980er Jahre entstand das Neubaugebiet an der Löwenhainer Straße.

Nach der Wiedervereinigung 1990 setzte ein reger Haus- und Wohnungsbau ein. Der Dresdner Ortsteil zählt auf Grund der Nähe zur Elbe, der starken Durchgrünung und der guten Erreichbarkeit des Stadtzentrums zu den beliebten Wohngegenden Dresdens.

Der zum Ortsamt Leuben gehörige Fluranteil wird als Alttolkewitz bezeichnet. Das Gassendorf verlor nach dem Brand von 1873 seinen Anger. Der dörfliche Charakter ist trotzdem heute noch erkennbar. Und so ist das schöne Taubenhaus im Augustushof heute das eigentliche Wahrzeichen von Alttolkewitz.

Bei älteren Dresdnern ist noch die Erinnerung an „Donaths Neue Welt“ wach. Ab 1872 schufen die Brüder Rinaldo und Christian Hermann Donath in Tolkewitz eine „Neue Welt“. Es handelte sich um eine der bekanntesten Ausflugsgaststätten Dresdens mit verschiedenen Attraktionen, wie künstlichen Ruinen, einem Tierpark, Märchengrotten, einem großen Tanzsaal und vor allem der Alpenkulisse mit dem abendlichen Alpenglühen. Bis 1956 florierte der Gaststätten- und Ballsaalbetrieb. Gebäude und Gelände wurden in der Folgezeit anderweitig genutzt und verfielen immer mehr. Im August 2004 fiel dann das Ballsaalgebäude einem Brand zum Opfer, 2010 wurde das gesamte Gelände beräumt. Hier soll ein kleines Geschäftszentrum neu entstehen.

Auf dem Gelände des Eisgartens Huß und der angrenzenden Wohnanlage aus den 1930er Jahren befand sich seit dem 17. Jahrhundert ein Anwesen, welches über viele Jahre hinweg als Sommerfrische Dresdner Persönlichkeiten diente. Hier wohnten beispielsweise der Churf. Sächs. Cabinettsminister Otto Ferdinand Graf von Loeben (1741-1804) und der sächsische Militär und Politiker Heinrich von Zeschau (1760-1832). Bekannt war Max Erwin von Arnim (1862-1899). Er schuf auf dem Gelände die „Arnimschen Wasserkunst“.

Hingewiesen werden muss unbedingt auf Christian Gärtner (1705-1782). Sein Haus stand auf dem heutigen Grundstück Alttolkewitz Nr. 19. Er war Garnbleicher und Zwirnhändler. Gärtner zählt zu den „gelehrten Bauern“ Sachsens, er beschäftigte sich mit Astronomie, erlernte das Glasschleifen und stellte selbst Fernrohre her. Er versorgte ab 1748 den Sächsischen Hof mit astronomischen Beobachtungen. Nach ihm wurde der Krater „Gärtner“ auf dem Mond benannt.