Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de https://www.dresden.de/de/kultur/kunst-und-kultur/erinnerungskultur-regionalgeschichte/Unbequeme-Gedenkobjekte.php 15.11.2023 14:59:23 Uhr 21.12.2024 18:25:38 Uhr |
Erinnern und Vergessen – Unbequeme Gedenkobjekte
Die Seite anzeigen in:
Alltagssprache
leichter Sprache
„Denkmäler sagen meistens sehr wenig aus über das, wofür sie stehen, oder über die, deren Namen auf ihnen verewigt sind – viel aber sagen sie aus über die Menschen, die sie erdacht / geplant / entworfen / gestaltet / finanziert haben, und über die Menschen, die die Denkmäler seit der Errichtung in regelmäßigen rituellen Handlungen pflegen und damit den ‚Sinn‘, den die Errichtenden dem Denkmal geben wollten, zu aktualisieren versuchen“.
(Prof. Dr. Alf Schönfeldt, Gegenwind, Zeitschrift für Politik und Kultur, Nr. 129, 1999)
Grundsätze zum Umgang und Dialog mit kritischen Gedenkobjekten im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Dresden
Erinnerungsmale sind Ausdruck kollektiven Erinnerung bestimmter sozialer Gruppen – angefangen vom Verein bis zu ganzen Nationen. Die Ästhetik wie auch die Sicht auf den Gegenstand des Erinnerns unterliegen den historischen Veränderungsprozessen von Gesellschaften. Politische Umbrüche führten im Laufe der Geschichte immer wieder zur Entfernung oder Umwidmung bestehender Denkmäler. Dies geschah im großen Umfang mit Denkmälern aus der Zeit des Nationalsozialismus nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wiedervereinigung Deutschlands nach 1990 mit Relikten aus der sowjetischen Besatzungs- und aus der DDR-Zeit in den neuen Bundesländern. Erhalten haben sich auch in großer Zahl Kriegerdenkmälern aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die zum Teil problematisch gewordene Formen ideologisierter, politisch aufgeladener Erinnerung vermitteln.
Denkmäler können aus verschiedenen Gründen „unbequem” sein. Zu den „unbequemen Gedenkobjekten” zählen viele Bauten, die heute im Allgemeinen aufgrund der politischen und sozialen Umstände ihrer Entstehungs- oder Nutzungszeit – in unterschiedlichem Ausmaß – ein gewisses Unbehagen oder sehr negative Gefühle auslösen. Diese Objekte sind bedeutende Zeitzeugen. Verantwortungsvoll historisch aufgearbeitet und allgemein verständlich erläutert, berichten sie uns ganz unmittelbar von den schwierigen bis katastrophalen Umständen ihrer Entstehungszeit.
Der kritische Umgang mit diesen „unbequemen Gedenkobjekten“ soll hier näher betrachtet werden. Im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Dresden befinden sich zahlreiche dieser Objekte, die eine Dechiffrierung der originären Bedeutung schwer bis unmöglich machen, denn ihre Formensprache ist von der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr einfach „zu lesen“ – zumal sich die politischen Kontexte der entsprechenden Denkmäler seit dessen Errichtung mehrfach gewandelt haben.
Überwiegend kaum beachtet, sind einzelne Denkmäler mitunter für Provokation und Konflikt, da sie für politische Botschaften instrumentalisiert werden oder ihr ursprünglicher Sinn in neue Zusammenhänge gestellt wird. Denkmäler sind Zeugen ihrer Entstehungszeit und des jeweiligen gesellschaftlichen Klimas, in der Auseinandersetzung der Gegenwart jedoch Ausdruck des sich wandelnden Umgangs mit dem kulturellen Erbe in der Stadtgesellschaft. Erwartungen nach einer Neubewertung einzelner Denkmäler sind insofern kein Alleinstellungsmerkmal in der Stadt Dresden, sondern korrespondieren mit einer bundesweiten Diskussion um die Rolle der Erinnerungskultur. In einer zunehmend diversen Gesellschaft und vor dem Hintergrund einer differenzierten Betrachtung der Geschichtsschreibung des 19. und 20 Jahrhunderts existieren auch in Dresden Denkmäler und Orte, die aus heutiger Sicht einer Kontextualisierung bedürfen. Die Auseinandersetzung mit kritischen Denk- und Erinnerungsmalen ist ein relevanter Teil der historisch-politischen und kulturellen Bildungsarbeit der Landeshauptstadt Dresden und erfolgt im Dialog mit dem Kulturausschuss des Dresdner Stadtrates, der AG 13. Februar sowie weiterer Fachkommissionen.